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501Von
Metastasio zu Goldoni
schmack des Publikums entsprechende Aufführungen hervor. Zweitens setzt sich im
Bereich des fremdsprachigen, sowohl französischen als auch italienischen Musikthe-
aters die von Gluck und seinen Librettisten initiierte Reform durch und führt zu ei-
ner spürbar affektorientierten Dramatisierung der Handlung, somit zu einer stärker
philosophisch ausgerichteten Konzeption der Textvorlagen und eine auf vertiefte
Emotionalität ausgerichtete Musik.
In Wien wird diese Epoche des am Modell Goldonis ausgerichteten Unterhal-
tungstheaters im Bereich der italienischen Libretti von Übernahmen aus anderen,
vorwiegend venezianischen und lombardischen Spielstätten dominiert.
Einer der beliebtesten Librettisten in diesem Bereich ist ohne Zweifel Giuseppe
Petrosellini, der in Wien erstmals 1766 mit Il cavaliere per amore. Azione comica 841 mit
der Musik von Piccinni in Erscheinung tritt. Von dem 1727 in Tarquinia geborenen
und 1797 in Rom verstorbenen Petrosellini, der als Ensildo Prosindio der Arcadia
angehört und vorwiegend für den päpstlichen Hof tätig ist, werden mehrfach äu-
ßerst beliebte Drammi giocosi per musica in der Vertonung von Piccinni aufgeführt,
wie z.B. Le contadine bizzarre842 (1767 in Wien und Prag), L’incognita perseguitata843
(1768 in Prag sowie 1771, 1780–82 und 1795 in Wien), L’astratto ovvero Il giocator
fortunato844 (1773 in Prag sowie 1774 und 1777 am Burgtheater in Wien) sowie Le
finte gemelle845 mit einigen, zu dieser Zeit so beliebten Einlagearien von Bernasconi
und Gassmann 1772 in Wien, sowie 1774 in Prag. Ebenso von Petrosellini sind die
von Pasquale Anfossi (1727–97) vertonte Metilde ritrovata (1773 und 1778 in Wien,
1779 in Esterháza), Galuppis Gl’intrighi amorosi846 (1776 in Wien), Paisiellos Le due
contesse847 (1776–77, 1779 und 1787 in Wien, 1777 in Graz) und die von Domenico
Cimarosa (1749–1801) vertonte L’Italiana in Londra848 (1781 in Graz und Prag, 1783
sowie 1786–87 in Wien).
Einige von Petrosellinis Libretti verdienen neben ihrem epochentypischen Unter-
haltungscharakter auch deshalb Beachtung, weil sie mit bedeutenden Komponisten
und Entwicklungen der unmittelbar folgenden Jahre in Zusammenhang stehen. Dazu
841 Uraufführung unter dem Titel La schiavitù per amore mit der Musik von Niccolò Piccinni 1761 in Rom,
unter dem neuen Titel 1763 in Rom; in Venedig 1766 unter dem Titel Il fumo villano.
842 Uraufführung mit der Musik von Niccolò Piccinni 1763 in Venedig.
843 Uraufführung mit der Musik von Niccolò Piccinni 1764 in Venedig.
844 Uraufführung mit der Musik von Niccolò Piccinni 1772 in Venedig.
845 Uraufführung mit der Musik von Niccolò Piccinni 1771 in der Villa Palmieri von Lord Cowper in Fie-
sole. ^
846 Uraufführung mit der Musik von Baldassare Galuppi 1772 in Venedig.
847 Uraufführung mit der Musik von Giovanni Paisiello 1776 in Rom.
848 Uraufführung mit der Musik von Domenico Cimarosa 1779 in Rom.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549