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511Die
neuen Leidenschaften im Libretto
zu ihrer Heirat verweigert und die bereits 1781 stirbt. Gamerra betätigt sich in der
Folge als Tragödienautor und Librettist in Neapel, kehrt aber 1793 als Assistent von
Giambattista Casti, dem Nachfolger von Bertati als kaiserlicher Theaterdichter,
nach Wien zurück, wo er auf Grund seiner Produktion von mindestens zehn Opern-
libretti eine kaiserliche Pension bezieht. Neben seiner Übersetzung von Emanuel
Schikaneders Zauberflöte (Il flauto magico. Dramma eroicomico per musica. Prag 1794)
sind das Giulietta e Pierotto. Dramma giocoso per musica (mit der Musik von Weigl
1794 in Prag und Wien), Medonte re di Epiro. Dramma per musica (mit der Musik von
Sarti 1794 in Wien), Palmira regina di Persia. Dramma eroi-comico (mit der Musik von
Salieri 1795–96 in Wien und 1796 in Prag), Pirro re di Epiro. Dramma serio per musica
(mit der Musik von Paisiello 1795 in Laibach und mit jener von Nicola Antonio
Zingarelli 1798 in Wien), I due vedovi. Commedia per musica (Wien 1796), Eraclito e
Democrito. Commedia per musica und Il Moro. Commedia per musica (beide mit der Mu-
sik von Salieri 1796 in Wien), L’amor marinaro. Commedia per musica (mit der Musik
von Weigl 1797 in Wien).
Gamerra, von dem im zweiten Teil dieser Literaturgeschichte ausführlicher die
Rede sein wird, stirbt 1803 in Vicenza, wo er sich aus ungeklärten Gründen aufhält.
Zwischen Gamerras und Bertatis Wirken als Hofdichter in Wien fällt der Aufent-
halt von Giambattista Casti (1724–1803), der 1762 als Niceste Abideno in die Arcadia
aufgenommen und ab 1769 als toskanischer Hofpoet von Großherzog Pietro Leo-
poldo, d.h. dem späteren Kaiser Leopold II. (1747–92), verpflichtet wird. In dieser
Funktion wird Casti 1769 anlässlich eines offiziellen Besuches in der Toskana Kaiser
Joseph II. vorgestellt und lernt Obersthofmeister Franz Xaver Wolfgang von Orsini-
Rosenberg (1723–96) kennen, der ihn 1772 für kurze Zeit nach Wien bringt. In den
darauf folgenden Jahren unternimmt Casti ausgedehnte Reisen durch Europa893 in
nicht näher geklärten Diensten der kaiserlichen Diplomatie und hofft schließlich
nach dem Tod von Metastasio 1782 dessen Nachfolge als Poeta cesareo antreten zu
können.
Tatsächlich erzielt Casti mit dem im Auftrag des Kaisers entstandenen Libretto
Il re Teodoro in Venezia. Dramma eroicomico, das in der Vertonung durch Paisiello erst-
mals am 23. August 1784 im Burgtheater aufgeführt wird, einen beachtlichen Erfolg,
der sich in einer ungewöhnlich langen Spielzeit bis 1787 und der Wiederaufnahme
1790 – 91 (insgesamt beinahe 80 Aufführungen) niederschlägt. Über Prag 1784 fin-
det das Werk in Italien und Deutschland weite Verbreitung, die sich selbst auf die
Randgebiete der österreichischen Monarchie (Bozen 1986, Laibach 1790) erstreckt.
893 Vgl. seine Relazione d’un mio viaggio fatto da Venezia a Costantinopoli, nel 1778 (Mailand 1802).
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549