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Manuskripte zur Beurteilung nach Wien geschickt wurden, haben wir nur bei
strittigen Einzelfällen, so etwa bei Ignaz Klinglers Broschüre Ueber die Unnütz-
und Schädlichkeit der Jüden im Königreiche Böheim, und Mähren. Die Genehmi-
gung dieses Pamphlets zog sich in Prag und Wien über ein Jahr hin, bevor es in
Prag 1782 „Mit Bewilligung der k. k. Censur“ erschien.19 Über derlei Manu-
skriptenprotokolle verfügen wir bis zum Mai 1782. Vermutlich wurde diese Pra-
xis bis dahin fortgeführt, da ja das 1779 errichtete Bücherrevisionsamt fortbe-
stand.20 Die Reihe der Zensurkommissionsprotokolle zu den importierten
Büchern brechen hingegen schon im Mai 1781 ab, also mit der Aufhebung der
selbständigen Zensurkommissionen in den Landeshauptstädten.
4 1 3 Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791)
Der Prager Gubernialrat Joseph Anton von Riegger (1742–1795) wurde damit
betraut, die ,Grundregeln‘ Josephs II.21 in Böhmen umzusetzen. Dieser Sohn
eines bedeutenden Juristen, der die theresianischen Reformen und das Staats-
kirchentum entscheidend mitprägte, hatte in Wien gemeinsam mit Joseph von
Sonnenfels und anderen eine deutsche Sprachgesellschaft gegründet. Selbst Pro-
fessor für geistliches Recht, wurde er 1778 von der Universität Freiburg nach
Prag berufen und hier Professor für Staatsrecht und wenig später auch Guber-
nialrat. Nach Auflösung der böhmischen Zensurkommission fiel Riegger als
Zensurreferent des Guberniums die Aufgabe zu, die Aufsicht über die Druck-
produktion und -distribution in Böhmen entsprechend dem kaiserlichen Patent
vom 11. Juni 1781 zu reorganisieren und zu leiten. Er konnte zwar die Entlas-
sung Franz Anton Meyers, des Aktuars der Zensurkommission und Chefs des
Bücherrevisionsamts, verhindern, litt aber doch an einem Mangel an Zensoren.
Nachdem der etwas kuriose Einfall, ausgerechnet die Prager Klostergeistlichen
für die liberalisierte staatliche Zensur zu verwenden, ohne Folgen blieb,22 verfiel
19 Vgl. dazu Michael Wögerbauer: „Ein unaufhörlicher literairischer Kampf könnte die öffentli-
che Sicherheit stöhren und die gesellschaftliche Eintracht vermindern.“ Zwei Fallstudien zur
Zensurpraxis zwischen antijüdischem Diskurs und literarischer Öffentlichkeit um 1800. In:
Julia Danielczyk/Murray
G. Hall/Christine Hermann/Sandra Vlasta (Hg.): Zurück in die Zukunft
– Digitale Medien, historische Buchforschung und andere komparatistische Abenteuer. Fest-
schrift für Norbert Bachleitner zum 60.
Geburtstag. Wiesbaden: Harrassowitz 2016, S.
37–54.
20 Jaroslaus Schaller: Kurzgefaßte Geschichte der kais. kön. Bücherzensur und Revision im König-
reiche Böhmen. Prag: Franz Geržabek 1796, S. 11–12.
21 Vgl. dazu S. 60–64.
22 „[...] denen gesamten in der königl. Alten Stadt Prag befindlichen Klöster-Vorstehern – ver-
mög welcher selbte durch ihre Lectores, Prediger, und andere geschickte Ordensgeistliche die
von dem Kays. Königl. Bücher-Revisions-Amte ihnen von Zeit zu Zeit zuschickende Aufsätze
ohne Aufenthalt sollen überlesen, und nach deren Befinden mit einem Zeignüsse [Zeugnis]
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200 4. Ein Blick in die Länder
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Titel
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Autor
- Norbert Bachleitner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510