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nicht genehmigten Manuskripte in den Wiener Verzeichnissen der verbotenen
Bücher und Handschriften auf; ab Herbst 1823 wurden die in Prag (und ande-
ren Provinzhauptstädten) zugelassenen Manuskripte in die Verzeichnisse der
erlaubten Schriften übernommen. Mit der Bezeichnung „Prager Verz.“ wurden
die in Prag verhängten Verbote jedoch erst ab Juli 1843 versehen. Gelegentlich
sind diese ,Prager Verzeichnisse‘ in den Aktenbeständen der Wiener Poli-
zeihofstelle erhalten geblieben. So sandte das Prager Landespräsidium, das frü-
here Gubernium, am 3.12.1844 das Verzeichniß der in dem Monate November l.
J. von der hiesigen Censur erledigten Literatur- und Kunstgegenstände nach Wien.
Es enthielt 69 zugelassene Handschriften und Neuauflagen, zudem das Verzeich-
niss der in dem Monate November 1844 von der hiesigen [= Prager] kk Censur
nicht zugelaßenen Handschriften und neuen Auflagen mit vier Einträgen sowie
das Verzeichniss der in dem Monate Nov.
l. J. zugelassenen Zeichnungen und Musi-
kalien mit fünf Einträgen. Die Polizeihofstelle beanstandete daraufhin, dass im
Verzeichnis der erlaubten Werke auch eine italienische Schrift angegeben wur-
de – die Kompetenz der Prager Zensur beschränke sich lediglich auf die Zensur
tschechischer und kleinerer deutschsprachiger Druckschriften. Diese Verzeich-
nisse blieben den Akten beigelegt; die Einträge wurden nicht in die Wiener peri-
odischen Verzeichnisse übernommen, da man – wohl vergebens – auf die Ant-
wort aus Prag wartete.44
4 1 6 Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810
Die 1795 festgeschriebene Anonymisierung des Zensurprozesses konnte in Prag
kaum in die Praxis umgesetzt werden – die Zahl der Zensoren war schlichtweg
zu gering, sie waren thematisch und zum Teil auch sprachlich spezialisiert, und
nicht zuletzt standen ihre Namen in den Amtsschematismen. Zudem nahmen
die Zensoren als Universitätsprofessoren, Angestellte der Universitätsbibliothek
oder Privatgelehrte am literarischen und wissenschaftlichen Leben teil und waren
nicht zuletzt den Autoren der zensierten Werke in gegenseitiger Sympathie oder
Antipathie verbunden.45
Ab 1823 waren in Prag, wie schon erwähnt, nur drei Zensoren tätig: ein Zen-
sor für die theologischen Schriften (das war 1823–1848 der Prämonstratenser
44 Allgemeines Verwaltungsarchiv, Akten der Polizeihofstelle, 1450/1845. Weitere Beispiele der
Verzeichnisse aus den Provinzen sind ebd., 3491/1848 und 1558/1845 enthalten.
45 Zu informellen Kontakten zwischen Autoren und Zensoren vgl. Petr Píša: Možnosti a meze
intervence: František Palacký a
rakouská cenzura ve 20.
letech 19.
století. In: Táborský archiv
15
(2011), S.
91–102. Zum negativen Ruf des belletristischen Zensors Zimmermann vgl. Petr Píša:
„Policajtštější nežli Obrpolicajti říšští“. Cenzor Zimmermann a
česká předbřeznová literatura“.
In: Dějiny a současnost 33 (2011), Nr. 9, S. 30–33.
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208 4. Ein Blick in die Länder
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Titel
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Autor
- Norbert Bachleitner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510