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7. AUSBLICK
Im 18. Jahrhundert bewegte sich die Zensur im Geist der Aufklärung zwischen
Förderung des Nützlichen und Unterdrückung des Unnützen, im 19. Jahrhun-
dert verlagerte sich der Fokus auf die Repression von dem politischen System
und der Religion schädlichen Schriften. Von dem paternalistischen System im
dritten Viertel des 18.
Jahrhunderts über ein liberales Intermezzo unter Joseph
II.
mündete die Organisation und Praxis der Zensur im Vormärz in ein paternalis-
tisch-autoritäres System. Sowohl in ihrer Tendenz wie auch am Beispiel zahlrei-
cher Einzelfälle konnten die Auswirkungen auf das literarische, politische und
wissenschaftliche Leben demonstriert werden. Der Einfluss der Zensur auf Auto-
ren, Journalisten, Verleger, Buchhändler, Bibliothekare, Kritiker, Theatermacher
inklusive Schauspieler, bildende Künstler, Komponisten und andere Angehörige
des Literatur- und Kulturbetriebs ist kaum zu überschätzen. Die Autonomie des
literarischen Feldes blieb bis 1848 stark eingeschränkt, von Freiheit der Wissen-
schaft konnte ebenfalls keine Rede sein, Staat und Kirche, letztere mit zuneh-
mend reduzierten Kompetenzen, gaben die Normen des Erlaubten bzw. Erwünsch-
ten vor. Die Gretchenfrage, ob die Zensur im Sinn des Schutzes der Religion und
der Institutionen des Ancien Régime notwendig und sogar heilbringend oder
bloß eine Ausgeburt der Arroganz und Paranoia der Herrschenden war, konnte
auch hier nicht schlüssig beantwortet werden. Die Antwort kann je nach Stand-
ort des Betrachters am einen oder anderen Ende der angedeuteten Skala plat-
ziert werden. Möglicherweise liegt die ,Wahrheit‘, wie so oft, am ehesten in der
Mitte, irgendwo zwischen dem Pathos der Befürworter der Zensur, die ihr den
Erhalt von Seelenheil, Frieden, Prosperität und Wohlleben zuschrieben, und den
ätzenden Kommentaren der liberalen Gegner, die mit ihr nichts als Obstrukti-
on, Beschränktheit, Stillstand und Obskurantismus verbanden.
Vergleiche mit den Zensursystemen in den deutschen Staaten und auch mit
nichtdeutschsprachigen Ländern wie Ungarn oder Frankreich könnten die Beson-
derheiten der Zensur in Österreich herausarbeiten. Ein Vergleich der Listen der
verbotenen Schriften und Manuskripte lässt gravierende Unterschiede hinsicht-
lich des Fokus der Zensur, der jeweils als schützenswert erachteten Normen wie
auch des Toleranz-Spielraums erwarten. Die Bruchlinien verlaufen hier wohl
zwischen protestantisch und katholisch dominierten Territorien, aber auch zwi-
schen multinationalen und -konfessionellen Imperien wie Österreich und nach
nationaler Selbstbestimmung strebenden Gebieten. Neben solchen Unterschie-
den scheint jedoch auch ein gewisser Kanon von beinahe überall verbotenen
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Titel
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Autor
- Norbert Bachleitner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510