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48 | Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen
Aostatal noch bis Mitte des 19. Jahrhundert nur über mangelhafte Infrastruktu-
ren für den Tourismus, es mangelte sowohl an geeigneten Unterkünf ten wie auch
Straßen : »Der Reisende blieb eine höchstenfalls geduldete Präsenz.«128 Dies än-
derte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als große Mühen aufge-
wendet wurden, das Bild des Aostatals aufzuwerten und es schließlich als »Perla
delle Alpi« internationale Berühmtheit erlangte. Touristische Hauptattraktionen
waren die Berge und Thermalbäder, vor allem im bereits erwähnten Courmayeur,
aber auch in Saint-Vincent und Pré-Saint-Didier.129 Im Letztgenannten befand
sich schon seit 1830 ein Thermalbad. In den östlichen Alpen Italiens befanden
sich in Bormio schon seit dem Mittelalter Bäder, welche nun in der Mitte des
19. Jahrhunderts ebenfalls große Berühmtheit erlangten. In Courmayeur wur-
den bereits Ende des 17. Jahrhunderts Thermalquellen entdeckt, welche zu Be-
ginn des 18. Jahrhunderts zur Eröffnung des ersten großen Hotels führten.130
Insbesondere ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in den folgenden
Jahrzehnten luxuriösere Herbergen und Hotels, welche sich lange Zeit nur die
reicheren Gesellschaftsschichten zu leisten vermochten.131 Zu Füßen des Mont-
blanc, des Matterhornes und des Monte Rosa befanden sich im letzten Drittel
des 19. Jahrhunderts jeweils ein bis zwei Hotels.
Das Interesse von Kurtouristinnen und -touristen richtete sich ebenso auf die
Gewässer des alpinen Savoyen. Von Aix-les-Bains aus begaben sie sich entweder
zu Fuß oder mit Pferden zu den höher gelegenen Seen und Wasserfällen.132
Das Wandern in den Bergen wurde in das italienisch-nationale Bildungspro-
gramm inkorporiert, insbesondere die Alkohol- und Spielsucht, welche als Ge-
fahr für die Jugend identifiziert wurde, sollte durch die physischen Anstrengun-
gen in den Alpen bekämpft werden und gleichsam eine moralische Läuterung
mit sich bringen.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts ver-
breitete sich die Ansicht, die Alpen seien der ideale Ort zur physischen Ausbil-
dung muskulöser und zum Militärdienst geeigneter Körper des männlichen Bür-
gertums. Die Effekte physischer Aktivitäten in verschiedenen Höhenregionen
wurden nun ebenfalls wissenschaftlich untersucht.133 Auch von kirchlicher Seite
128 »Il viaggiatore rimaneva una presenza appena tollerata.« Cuaz, Marco, »La Valle d’Aosta fra stati
sabaudi e Regno d’Italia (1536–1914)«, S. 333.
129 Ebd., S. 333–335.
130 Bartaletti, Fabrizio, Le grandi stazioni turistiche nello sviluppo delle Alpi italiane, S. 26, 85 f.
131 Cuaz, Marco, »La Valle d’Aosta fra stati sabaudi e Regno d’Italia (1536–1914)«, S. 352–354.
132 Boyer, Marc, Histoire générale du tourisme du XVIe au XXIe siècle, S.
197, 237.
133 Pastore, Alessandro, Alpinismo e storia d’Italia. Dall’unità alla Resistenza, S.
24, 26–28.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289