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62 | British Royalty – das britische Königshaus
Lady Charlotte Campbell, die lange zu den Hofdamen Carolines gehörte und
nun selber auf einer Europatour unterwegs war, berichtete vom ungebührlichem
Auftreten der Prinzessin von Wales.31 Besonders unschicklich habe sich Caro-
line – so Lady Campbell – bei einem eigens organisierten Ball verhalten, für
den die Prinzessin zunächst Mühe gehabt hätte, überhaupt Gäste zu finden, da
viele englische Reisende ihr ausgewichen seien und die Einwohner von Genf
selbst »no mind to be troubled with royalty«32 gehabt hätten. Der Ball habe dann
doch noch stattgefunden, wobei Lady Charlotte Campbell sich ob der Kostüm-
wahl der Prinzessin höchst schockiert zeigte : »But what was my horror when I
beheld the poor Princess enter, dressed en Venus, or rather not dressed, further
than the waist.«33 Völlig abgestoßen von diesem Anblick und dem scheinbar da-
mit einhergehenden moralischen Niedergang ihrer alten Freundin, reiste Lady
Campbell bald danach ab. Auch Caroline verblieb nur noch eine kurze Zeit in
Genf und setzte ihre Reise, gemäß Lady Campbell, fort,
without having an idea, in fact, where she was going to, or how she should be received
at any courts where she purposed to reside. It was really as if, in leaving England, she
had cast off all common sense and conduct and gone suddenly mad.34
Das Bild einer Prinzessin, die planlos und verwirrt in Europa herumirrte, rela-
tiviert sich allerdings in anderen Berichten von Zeitgenossen. Die Schweizerin
Louise Dumont, die von Caroline als erste Femme de Chambre eingestellt wurde,
bemerkte in einem Bericht über ihren Eintritt in den Hofstaat der Prinzessin :
»Ihre Hochwohlgeboren nahm mich bereitwillig in ihre Dienste, wenn ich mich
verpflichten wolle, fünf Jahre zu bleiben, da sie wahrscheinlich viel reisen wol-
le.«35 Bereits zu diesem Zeitpunkt im Herbst 1814 stand fest, dass die Königin
sich im Gebiet des heutigen Italiens niederlassen und von dort ausgedehnte Rei-
sen unternehmen wollte. Louise Dumont war später eine der Hauptzeuginnen
der von George IV. eingeleiteten Klage auf Ehebruch gegen Caroline.
In einem Brief vom August 1820 wird dem Earl of Liverpool zugetragen, der
Ruf der Königin sei in Italien und der Schweiz überall »of the worst descrip-
31 Campbell, Charlotte ; Steuart, Francis (ed.), The Diary of a Lady-In-Waiting, S. 275.
32 Ebd., S. 279.
33 Ebd., S. 280.
34 Ebd., S. 280.
35 »S. A. R. me prendrait volontiers à son service si je vouloir m’engager d’y rester cinq ans, parce
que, comme probablement elle voulait voyager beaucoup«. TNA, TS 11/103, Letter from Louise
Dumont.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289