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26 | Inschriftenüberlieferung bis zum Ende des 14. Jahrhunderts
sei einst eine reiche, blühende Stadt gewesen, die zu Recht „altera Troia“ genannt
worden sei; dies zeige sich noch immer „in ingenti quantitate marmorum aliorumque
pretiosorum lapidum, qui [...] usque in hodiernum diem a quaerentibus reperiuntur.“46
Zweifellos sind damit auch Inschriftsteine gemeint.
1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer
norischen Inschrift
Die erste Abschrift des Textes einer Inschrift aus Noricum taucht um 1300 in den so-
genannten Geschichtsquellen von Kremsmünster auf.47 Es handelt sich dabei um
einen Grabstein aus Lauriacum (CIL III 5671+11814). Mommsen formuliert an der ent-
sprechenden Stelle im Corpus Inscriptionum Latinarum besonders zurückhaltend:
„Lauriaci, vel si magis placet Ennsii, repertum esse titulum videtur indicare Bernardus
Noricus [...]“. Diese vorsichtige Ausdrucksweise ist insofern zu verstehen, als zum
Erscheinungszeitpunkt des genannten Corpus-Bandes (1873) noch vieles im Zu-
sammenhang mit der Person des sogenannten Bernardus Noricus und seinem Werk
im Dunkeln lag.
Die Frage nach dem Verfasser der Kremsmünsterer Geschichtsquellen und damit
nach jenem Mann, dem wir die früheste Wiedergabe einer norischen Inschrift ver-
danken, hat jahrhundertelang (!) die historische Forschung beschäftigt.48 Auslöser
dieses schier endlosen Streites war der bereits erwähnte bayerische Geschichtsschrei-
ber Aventin, der in seinen Werken mehrmals einen „Benedictiner Bernhardt von
Krembsmynster“ bzw. einen „Beronardus / Veronardus Noricus“ unter seinen Quellen
zur bayerischen Geschichte anführt.49 Seither stützte sich die Forschung auf Aventins
Autorität. Seit 172750 wogte die wissenschaftliche Diskussion hin und her, ob Sigmar
46 Zitiert nach Pez, SRA I 23.
47 Grundlage für die Überlieferung der Kremsmünsterer Geschichtsquellen sind zwei anonyme
Handschriften, die zwischen 1290 und 1330 verfasst wurden. Sie werden heute als CC Cim. 3 (alt:
Cod. 401) in der Stiftsbibliothek Kremsmünster in Oberösterreich bzw. als CVP 610 (alt: Hist. prof.
990) in der ÖNB aufbewahrt. Ferner gehören zu den Geschichtsquellen vom Inhalt her die Zusätze
in einem weiteren, ebenfalls in Wien aufbewahrten Manuskript, dem sog. Auctarium Cremifanense
(CVP 375, alt: Hist. prof. 82); diese sind jedoch für den vorliegenden Zusammenhang nicht von
Bedeutung.
48 Ein detaillierter Forschungsbericht würde an dieser Stelle zu weit führen. Daher wird im Folgen-
den nur auf die wichtigsten Erkenntnisse eingegangen und ergänzend verwiesen auf Georg
Leidinger, Bernardus Noricus. Untersuchungen zu den Geschichtsquellen von Kremsmünster und
Tegernsee (Sitz.ber. d. BAdW, phil-hist. Kl., München 1917, 4. Abh.) 3–16 und, auf Leidinger auf-
bauend, Willibrord Neumüller, Bernardus Noricus von Kremsmünster, in: 90. Jahresbericht des Ober-
gymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster. Schuljahr 1947, Kremsmünster 1947, 9–15. Vgl.
ferner Lhotsky, Quellenkunde 284.
49 Aventin, S. W. I 340, I 640, II 1, II 13, IV 2 und VI 126. Vgl. dazu Neumüller, Bernardus Noricus 9–10,
und Leidinger, Bernardus Noricus 38–49. Auch in einem anonymen handschriftlichen Quellenver-
zeichnis aus dem 16. Jh. zu den Schriften Aventins ist unter dem Titel „Bavarica“ folgende Eintra-
gung zu finden: „Bernhardus monachus in Chrembsminster scripsit de rebus Boiorum“ (Cod. hist. 2° 404
der WLB, fol. 6v): siehe Romuald Bauerreiss, Ein Quellenverzeichnis der Schriften Aventins, in:
StMBO N. F. 19=50 (1932) 54–77, bes. 63 (Nr. 101).
50 Markus Hansiz, Germania sacra I (Wien 1727).
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548