Seite - 277 - in Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi - Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
Bild der Seite - 277 -
Text der Seite - 277 -
Johannes Choler | 277
Einer der Gründe für das im Gegensatz zu Peutinger und den anderen Genannten
auffallend positive Urteil liegt offenbar darin, dass Choler Apianus und Amantius
zusätzlich bei der redaktionellen Arbeit unterstützt hat. Einem im Werk enthaltenen
Brief der Herausgeber an den Leser ist zu entnehmen, dass der hier als „undecunque
doctissimus“ bezeichnete Mann die große Mühe auf sich genommen hat, den Druck
durchzusehen.1243 Choler wollte dadurch offenbar sicherstellen, dass die von ihm
sorgfältig übermittelten Inschriften ebenso korrekt gedruckt worden sind, wie er es
den Herausgebern aufgetragen hatte: „Has vetustatis inscriptiones ea fide et diligentia
exscriptas vobis mitto, qua ab archetypo depromptae sunt, vestrum erit dare operam, ut pari
cura et studio excudantur.“1244 Die zahlreichen im Werk enthaltenen Druck- und
sonstigen Fehler, die der umfangreichen Sammlung zum Teil recht herbe Kritik
eingebracht haben, sprechen freilich nicht unbedingt für eine große Genauigkeit des
Korrektors. Es lässt sich allerdings nicht nachweisen, wie viel Schuld daran Choler
anzulasten ist. Um über seine Arbeitsweise überhaupt ein Urteil fällen zu können, ist
es nötig, seine eigene Inschriftensammlung einer genaueren Untersuchung zu
unterziehen.
9.2.1 Cholers epigraphischer Nachlass: Der Codex Latinus Monacensis 394
Mit dem heute in der Bayerischen Staatsbibliothek in München aufbewahrten C(odex)
L(atinus) M(onacensis) 394 liegt – von den erwähnten Briefen abgesehen – Cholers
einziger, zumindest weitgehend eigenhändig geschriebener Nachlass vor.1245 Es
handelt sich dabei um eine Sammlung römer- und auch neuzeitlicher Inschriften und
Epigramme, die von manchen Petrus Apianus zugeschrieben wurde.1246
1243 Apianus/Amantius, Inscriptiones 436.
1244 Apianus/Amantius, Inscriptiones 25. Choler geht mit dieser Formulierung nicht näher darauf ein,
wer diese Inschrifttexte vom Original abgeschrieben hat. Vgl. dazu auch Kap. 10.2.
1245 Dass der Inhalt des Codex nicht alles ist, worauf Choler seine Aufmerksamkeit gelegt hat, erfahren
wir aus dem Werk von Apianus/Amantius. Auf S. 436 wird explizit erwähnt, dass Choler mit der
Bitte um Abdruck im Werk ein Relief übermittelt habe, das er auf der Burg Smiehen
(h. Schmiechen im bayerischen Landkreis Aichach-Friedberg, zu Cholers Zeiten – ab 1509 – im Be-
sitz der Augsburger Fugger) gefunden hatte. Im Codex überliefert er lediglich eine Inschrift aus
Schmiechen (fol. 149v: CIL III 5839), ohne das Relief zu erwähnen.
1246 Z. B. im aktuellen Handschriftenkatalog der BSB: Karl Halm, Georg von Laubmann, Wilhelm
Meyer, Catalogus Codicum Latinorum Bibliothecae Regiae Monacensis I,1: Codices num. 1–2329,
München 21892, 104. Eine Neuedition ist demnach ein dringliches Desiderat, da dieser Katalog
trotz Überarbeitung (er erschien Jahre nach der Publikation der entsprechenden CIL-Bände) grö-
ßere Mängel aufweist. In dem normalerweise nicht öffentlich zugänglichen Handexemplar im
Dienstzimmer der Leitung der Handschriftensammlung der BSB wurde vor geraumer Zeit
zwischen den Seiten 104 und 105 ein Zettel mit einer verbesserten, bedauerlicherweise aber immer
noch unzulänglichen Beschreibung eingeklebt. Die Schrift weist auf Franz Boll, welcher der be-
treffenden Abteilung von 1898 bis 1903 vorstand. Bemerkungen von Bolls Hand sind im Übrigen
auch im Codex selbst zu finden: Er hat neben zahlreiche Inschriften aus Cholers Feder mit Bleistift
die entsprechende Seitenzahl im Druckwerk von Apianus/Amantius hinzugefügt. Publiziert
wurde zwischenzeitlich nur eine knappe Beschreibung von Agostino Sottili, I codici del Petrarca
nella Germania occidentale VIII. Appendice II: Manoscritti ai traduzioni tedesche, in: IMU 19 (1976) 429–
492. Der Codex fand dort wegen eines auf fol. 168r enthaltenen Epitaphiums von Petrarca Auf-
nahme. Aus den eben dargelegten Gründen erscheint eine etwas ausführlichere kodikologische
und inhaltliche Beschreibung der Handschrift sinnvoll und nötig.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548