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Humanistisches Gedankengut im Ostalpenraum | 59
aber nur mitteilte: „multe ibi vetustatis reliquiae visuntur et Romanorum nomina princi-
pum sepulchralia marmora referunt.“205
So bedeutend Piccolomini für die Verbreitung des humanistischen Gedankengutes
im österreichischen Raum auch gewesen sein mag – für die Erforschung von Boden-
funden und insbesondere von Inschriften aus Noricum scheint dieser herausragende
Humanist zeit seines Aufenthaltes in unserem Lande nur sehr geringe Impulse ge-
geben zu haben.206
3.1 Das Itinerarium des Paolo Santonino
Etwa drei Jahrzehnte nach dem Entstehen von Piccolominis Europa207 erregten In-
schriften aus dem römerzeitlichen Celeia neuerlich schriftlich nachvollziehbare Auf-
merksamkeit. Sie fielen einem Reisenden, der aus ganz anderen Gründen in die
betreffende Gegend gekommen war, in die Augen: Paolo Santonino war Sekretär des
Patriarchen von Aquileia, Kardinal Marco Barbo (1471–1491). In den Jahren 1485,
1486 und 1487 begleitete er als Sachverständiger der Patriarchatskanzlei den beauf-
tragten Bischof von Caorle, Pietro Carlo, auf einer dreiteiligen Visitationsreise in das
nördliche Gebiet der Diözese Aquileia.208 Als schriftliches Produkt dieser Reisen ent-
stand ein dreiteiliges itinerarium, das aufgrund der Fülle von mannigfaltigen
Informationen für viele Forschungsbereiche zu einer nicht nur kulturhistorisch
wertvollen Quelle geworden ist.209 So sind zahlreiche Beobachtungen (z. B. über
205 Zitiert bei Uiblein, Altertumsforschung 49, Anm. 75, und Vale, Santonino 262, Anm. 4. Vgl. die
jüngste Textedition von Adrianus van Heck, Enee Silvii Piccolominei postea Pii PP. II De Europa (StT
398), Città del Vaticano 2001, 99.
206 Immerhin rief er in einer päpstlichen Bulle von 1462 zur Erhaltung der antiken Denkmäler auf.
207 Der Prologbrief von Piccolominis Werk ist mit 29. März 1458 datiert.
208 Seit der Karolingischen Teilung im Jahre 811 trennte die Drau die Diözesen Salzburg und
Aquileia.
209 Zur wesentlichen Grundlage für alle weiteren Forschungsarbeiten wurde die Textedition von
Giuseppe Vale, Itinerario di Paolo Santonino in Carintia, Stiria e Carniola negli anni 1485–1487. Codice
Vaticano Latino 3795 (StT 103), Città del Vaticano 1943, der bald darauf eine deutsche Übersetzung
folgte: Rudolf Egger, Die Reisetagebücher des Paolo Santonino (1485–1487), Klagenfurt 1947. Die von
Egger im Vorwort prophezeite künftige „Fülle wissenschaftlicher Einzelarbeit“ umfasst zunächst
einige Beiträge zur älteren Musikgeschichte Kärntens und die unveröffentlichte Dissertation von
Helmut Hundsbichler, Reise, Gastlichkeit und Nahrung im Spiegel der Reisetagebücher des Paolo Santo-
nino, Wien 1979, der einige publizierte Artikel zu diesem Themenbereich folgten. Ausgewählte
Beiträge des im Oktober 1999 abgehaltenen Kongresses Paolo Santonino ed il Patriarcato
Oltremontano del XV Secolo wurden gedruckt in: L’Unicorno 2 (1999); etwas später veröffentlicht
wurde der archäologische Vortrag von Mitja Guštin, Mesto Celje leta 1487 v besedilu Paola Santonina
/ Die Stadt Cilli im Text von Paolo Santonino aus dem Jahre 1487, in: Ders. (Hrsg.), Archaeologia historica
Slovenica 3, Ljubljana 2001, 9–18. Der ebenfalls 1999 publizierte Artikel von Primož Kuret enthält
nicht nur in musikgeschichtlicher Hinsicht wenig Neues: Die Reisetagebücher des Paolo Santonino, in:
Antonicek/Hilscher/Krones, Wr. Hofmusikkapelle I, 107–116. Der bisher jüngste, auch für den vor-
liegenden Zusammenhang interessante Beitrag von Helmut Hundsbichler, Paolo Santoninos „Reise-
tagebücher“ in neuer Sicht, in: Volker Schimpff, Wieland Führ (Hrsg.), Historia in Museo. Festschrift
für Frank-Dietrich Jacob, Langenweißbach 2004, 215–223, ist in Österreich leider sehr schwer zu-
gänglich. Im selben Jahr wurde Santoninos Text sogar zur Vorlage für ein nach ihm benanntes
Theaterstück von Engelbert Obernosterer („Paolo Santonino“), das anlässlich der Feierlichkeiten
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548