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Codex Pragensis XIII G 14 | 175
7.2.1 Die Arbeitsweise des Registrators im CVP 3255*
Ein sorgfältig durchgeführter Vergleich der beiden relevanten Handschriften erhellt
die Arbeitsweise des Registrators in folgenden Punkten:
a) Das Register wurde in einem Arbeitsgang nach Abschluss aller Ergänzungen im
Prager Codex angelegt: Sämtliche Inschriften, die von Hand II an verschiedenen
Stellen im CP XIII G 14 hinzugefügt wurden, sind darin enthalten. Ebenso über-
nommen wurden jene Zusätze von Hand I, die mit dünnerer Feder und hellbrau-
ner Tinte geschrieben worden waren (wie etwa Ergänzungen zu Ortsangaben
sowie einzelne Inschriften).724
b) Der Registrator arbeitete offenbar sehr eilig, möglicherweise sogar unter Zeit-
druck, wie aus der zügigen, fast flüchtigen Schrift abzulesen ist.
c) Hinsichtlich des Schreibstiles ist trotz getreuer Abschrift eine gewisse Eigen-
ständigkeit gegenüber der Vorlage festzustellen. So kürzte er mitunter einzelne
Wörter ab oder kürzte sie großzügiger als die Haupthand des CP XIII G 14. Es
kommt aber auch vor, dass Abkürzungen aus der Sammlung vom Registrator
aufgelöst werden.725 Groß- und Kleinschreibung der einzelnen Wörter sind neben-
sächlich, sie wechseln mitunter auch bei Eigennamen. Der Laut „ae“ wird im
Register abweichend von der Sammlung fast durchgehend als „e“ wiederge-
geben, was Anfang des 16. Jahrhunderts nicht unüblich war. Auch für Eigen-
namen gab es damals keine normierte Schreibweise: Die schriftliche Form eines
Ortsnamens war sehr oft eine Frage des individuellen Stiles. So ist auch in den
beiden vorliegenden Codices etwa „Gretio“ für „Grecio“ (z. B. bei CIL III 5439)
eine gängige Variante.726 Die Silbe „-en“ in Ortsnamen wird vom Schreiber des
Registers (fast) durchgängig ausgeschrieben, während Hand I des CP XIII G 14
hier häufig kürzt, zum Beispiel: „Leuben“ vs. „Leubn“727, „Weyssenkirchen“ vs.
„Weyssnkirchn“728.
d) Der Registrator führte seine Arbeit grundsätzlich sehr sorgfältig aus. Auch
scheint er sich (dadurch?) gewisse historische und epigraphische Grundkennt-
nisse angeeignet zu haben, wie zwei Beispiele zeigen: Die Inschriftensammlung
hat bei CIL VI 13758a in der ersten Zeile „DIS M S “; im Register ist die Formel in
der häufiger anzutreffenden Abkürzung „D M S“ zu lesen.729 Im Incipit einer
anderen stadtrömischen Inschrift (CIL VI 999) korrigierte er „IMP CAESARI DIVI
ADRIANI AVG“ zu „Imp. Caesari Divi hadriani“.730
e) Dass der Schreiber vielfach doch mehr von laienhaften Bemühungen als von fun-
dierten Kenntnissen geleitet war, zeigen die daraus resultierenden Versehen:
724 Im CP XIII G 14 wurde z. B. auf fol. 208v, 209v und 210r „Aug(ustae)“ bzw. „Aug(ustae) d(iocesi)“ vor
den Ortsangaben zu Augsburger Inschriften hinzugefügt, um ihren Aufbewahrungsort klarer
hervorzuheben.
725 Die Ortsangabe zu CIL III 5335 beispielsweise wird im Register gänzlich ausgeschrieben „Kuen-
dorff etiam in m(uro) Ecclesiae” (CVP 3255*, fol. 128v,13 bzw. CP XIII G 14, fol. 197r,3).
726 CVP 3255*, fol. 128v,6 bzw. CP XIII G 14, fol. 196r,2.
727 CVP 3255*, fol. 129r,4 bzw. CP XIII G 14, fol. 198v,4.
728 CVP 3255*, fol. 129r,5 bzw. CP XIII G 14, fol. 199r,1.
729 CVP 3255*, fol. 118r,5 bzw. CP XIII G 14, fol. 103r,1.
730 CVP 3255*, fol. 119r,3 bzw. CP XIII G 14, fol. 108r,3.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548