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36 | Inschriftenüberlieferung bis zum Ende des 14. Jahrhunderts
eine Einheit gebildet hatten.93 Eine genaue Betrachtung der beiden Fundstücke be-
weist allerdings, dass sie niemals Teile eines ursprünglich monolithen Grabdenkmals
gewesen sind: Die beiden Steinplatten weisen stark abweichende Maße94 auf und
bestehen zudem aus unterschiedlichen Marmorarten95. Überdies konnte Lothar
Eckhart darlegen, dass die Inhalte von Relief und Inschrift nicht zueinander passen.96
Somit kommt auch die letzte Möglichkeit, dass die beiden Steine eben nur voneinan-
der getrennt ein Grabdenkmal gebildet haben, nicht in Betracht. Die nunmehr er-
wiesene Tatsache, dass die beiden Fundstücke niemals zueinandergehört haben, mag
auch leichter erklären, warum nur der Inschriftstein den Weg von Lorch über Wind-
haag bei Perg nach Ferschnitz gefunden hat.
1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des
Stiftes Lambach
Ebenfalls in einer Sammlung klösterlicher Quellen und ebenfalls im heutigen Ober-
österreich ist die singuläre Überlieferung der Inschrift CIL III 5630 zu finden. Es
handelt sich dabei um einen um oder bald nach 1200 entstandenen Pergamentcodex
aus dem Stift Lambach – C(odex) m(embraneus) L(ambacensis) LIV – der vor allem die
vita und miracula des Stiftsgründers Adalbero von Würzburg, eine Abtreihe sowie
Abschriften der wichtigsten Urkunden enthält.97 Die Inschrift wurde dort auf dem
ursprünglich leer gebliebenen fol. 33r hinzugefügt.
Die Angabe von Erich Trinks, wonach der Eintrag aus dem 15. Jahrhundert stammt98,
gilt allerdings nur für die später hinzugefügte Überschrift („Hoc epithaphium scultum
est in antiquo lapide huius monasterii“) sowie für den nachstehenden Beginn einer Ur-
kundenabschrift („Nos Sigmarus dei gratia ecclesiae lambacensis Abbas totusque con-
ventus“). Die Wiedergabe des Inschrifttextes stammt wie die zugehörige interlineare
Auflösung des gesamten Textes aus einer Hand des 14. Jahrhunderts. Die Datierung
der die originale Capitalis monumentalis möglichst getreu nachahmenden Kapital-
schrift ist naturgemäß schwierig, im vorliegenden Fall jedoch mit der interlinear
verwendeten Minuskelschrift zu verbinden. Aus rein paläographischer Sicht wäre
diese auf die Mitte des 14. Jahrhunderts zu datieren, doch dürfte es sich dabei nur
93 Vgl. Mitth. d. Centralcomm. N. F. 2 (1876) 17. Das entsprechende Urteil dürfte ausschließlich an-
hand einer Photographie gefällt worden sein. Auch bei Uiblein, Carnuntum 96, Anm. 6, ist noch
von einem „Bildgrabstein“ die Rede.
94 Eine Differenz von 0,14 m in der Länge ist auch dann zuviel, wenn man die schweren Bestoßun-
gen an der Dreifigurenstele berücksichtigt.
95 Siehe dazu im Detail Stefan Traxler, Die römischen Grabdenkmäler von Lauriacum und Lentia (FiL 14),
Linz 2009, 91–93 (Enns G 36) und 199–120 (Enns G 53).
96 Eckhart, Laurentius-Kirche 48.
97 Zum Inhalt der Handschrift siehe umfassend Erich Trinks, Die Gründungsurkunden und Anfänge des
Benediktinerklosters Lambach, in: JOÖMV 83 (1930) 75–152, hier S. 109 ff.; als grundlegend ist auch
Lhotsky, Quellenkunde 210–212, zu nennen. Newald, Humanismus in OÖ 169, Anm. 50, spricht
irrtümlicherweise von „mscr. membr. 50“.
98 Siehe vorherige Anmerkung.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548