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152 | Codex Vindobonensis Palatinus 3255*
Während im vorderen Teil des CVP 3255* mit CIL III 4583 nur eine einzige Inschrift
aus heute österreichischem Gebiet enthalten ist, enthält das Register zahlreiche In-
schriften aus Noricum und Pannonia Superior, darunter all jene Denkmäler, die von
Mommsen dem „Antiquus Austriacus“ zugeschrieben worden sind.645 Da jedoch
neben den oben dargelegten kodikologischen Zusammenhängen auch gewisse in-
haltliche Parallelen zwischen Register und Sammlung festzustellen sind (zahlreiche
Inschriften scheinen in derselben Reihenfolge auf), ist auch der erste Teil des Codex
von Bedeutung für die vorliegende Arbeit und daher näher zu betrachten.
6.1 Die Inschriftensammlung des Publius Licinius: CVP 3255*, fol. 11v–103v
Nach dem umfangreichen Einleitungsteil und zwei leeren Seiten beginnt die eigent-
liche Inschriftensammlung weder mit einer neuen Papierlage noch auf der Vorder-
seite eines Blattes, sondern mit fol. 11v unüblicherweise auf einer Rückseite. Die An-
haltspunkte für die Identifizierung der Sammlung finden sich im Einleitungsteil:
Fol. 1r enthält in der Besitzeintragung den Namen von Nicolaus de Cafarellis und
das Ende des an Franciscus Porcarius gerichteten Widmungsbriefes gibt den Namen
des Verfassers der Sammlung preis: „[...] prego ti adunque clarisso homo che tu conosca
essere il monumentulo picolo del tuo Publio Licinio ma il suo amore e grandissimo“
(fol. 2v).
Aus diesen drei Namen geht hervor, dass die Wiener Handschrift Teil der sehr kom-
plexen Problematik um Publius Licinius ist. Auslöser dieser wissenschaftlichen Aus-
einandersetzung war einmal mehr Theodor Mommsen. Er hatte sich im Jahre 1890
mit einer bis dahin unbekannten Inschriftensammlung aus der Königlichen Biblio-
thek (h. Württembergische Landesbibliothek) in Stuttgart beschäftigt und damit zu
weiteren intensiven Forschungen angeregt.646
Diese Handschrift trägt immer noch die Signatur „Cod. (Stuttg.) hist. 4° 316“ und
besteht wie der Wiener Codex 3255* aus zwei Teilen. Der erste Teil enthält eine
Sammlung fast ausschließlich stadtrömischer Inschriften, als deren Autor ein gewis-
ser Barnabas Cristinus auftritt, welcher der Schule des Pomponius Laetus (Pomponio
Leto) zugerechnet wird.647 Der zweite, für den vorliegenden Zusammenhang wich-
tige Teil (fol. 61r–155r) besteht aus einer Inschriftensammlung, die ebenfalls von
Publius Licinius verfasst worden sein soll. Mommsen stellte bei dieser Sammlung
große Ähnlichkeiten mit dem bereits besprochenen „Codex Gar“ (h. CT 3569) aus
Fuchsmagens Besitz und dem vatikanischen Codex Latinus 3616 fest, die er beide wie
645 Dazu ausführlicher weiter unten.
646 Theodor Mommsen, Di una nuova silloge epigrafica del secolo XV, in: Röm. Mitt. 5 (1890) 85–91. Siehe
darauf aufbauend v. a. E[rich] Ziebarth, De antiquissimis inscriptionum syllogis, in: EE 9 (Berlin
1905) 187–332, bes. 221–226; Andrea Silvagni, ICUR N.S. I: Inscriptiones incertae originis, Roma 1922,
S. XXXVb, und schließlich Christian Huelsen, Di due sillogi epigrafiche urbane del secolo XV, in: Atti
della Pontificia Academia Romana di Archeologia, serie III, Memorie I 1, Roma 1923, 123–157.
647 Vgl. Mommsen, Nuova silloge epigrafica 88–89, und Huelsen, Sillogi epigrafiche 138a.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Titel
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Untertitel
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Autor
- Doris Marth
- Verlag
- Holzhausen Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Abmessungen
- 21.4 x 30.2 cm
- Seiten
- 572
- Schlagwörter
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548