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14 1 Big Data im öffentlichen Diskurs âŠ
erwecken, es handele sich um Software, die genauso intelligent wie der Mensch
ist. Danach haben 72 % den Begriff Algorithmus schon einmal gehört, aber
45 % der Befragten fiel spontan nichts dazu ein. Nur zehn Prozent der Befragten
gaben an zu wissen, wie Algorithmen funktionieren. Das Wissen darĂŒber, dass
Computerprogramme Entscheidungen treffen oder Empfehlungen abgeben, ist
fĂŒr einzelne Anwendungsbereiche sehr unterschiedlich. Die höchste Nennung
erzielte mit 55 % der Einsatz individualisierter Werbung im Internet. Dass Algo-
rithmen bei der Diagnose von Krankheiten oder bei der Beurteilung des Risi-
kos, ob ein StraftĂ€ter rĂŒckfĂ€llig wird, eingesetzt werden können, ist nur 28 %
beziehungsweise 18 % gelĂ€ufig. 79 % der Befragten fĂŒhlen sich unwohl bei dem
Gedanken, dass Computer ĂŒber sie entscheiden könnten. Insgesamt verbinden nur
18 % mehr Chancen mit dieser Technologie, 36 % dagegen mehr Risiken, fast die
HĂ€lfte der Deutschen (46 %) sind in dieser Frage unentschieden.
Ein wiederum Àhnliches Stimmungsbild zeichnet die YouGov-Umfrage vom
August 2018 (YouGov 2018). Knapp jeder Zweite (45 %) nimmt zwar ein aus-
geglichenes Nutzen-Risiko-VerhÀltnis wahr, ein Viertel (26 %) bewertet das
Risiko allerdings als höher, nur 15 % hingegen sehen den Nutzen höher. Das
Ergebnis weicht nur geringfĂŒgig von der eben erwĂ€hnten Bertelsmann-Umfrage
(Fischer und Petersen 2018) ab. Erneut zeigt sich ein etwas differenzierteres
Ergebnis, wenn nach konkreten Anwendungen gefragt wird, allerdings auch hier
mit insgesamt hohen Ablehnungsquoten.
Trotz einiger Unterschiede in der Anlage der Umfragen und ihren Ergebnissen
zeigt sich â wenig ĂŒberraschend â keine klare Meinungsbildung gegenĂŒber dem
Einsatz von Big Data, KĂŒnstlicher Intelligenz und Algorithmen. Die Umfragen
lassen bei einer klaren Mehrheit der Befragten ein deutliches Unbehagen gegen-
ĂŒber Big Data und KĂŒnstlicher Intelligenz erkennen, eine verschwommene Angst
vor Kontrollverlust, eine zumindest abwartende, zum Teil aber auch geradezu
fatalistische Grundhaltung.1 Im Vergleich zu den Risiken werden die Chancen zur
Verbesserung des Lebens durch den Einsatz von KĂŒnstlicher Intelligenz und Big
Data, also etwa in Medizin, MobilitÀt, Energie und Umwelt, offensichtlich weni-
ger stark gewichtet. Die Nutzung von Big Data wird stattdessen vor allem mit
der Optimierung von Marketing und Werbung durch die groĂen Internetkonzerne
verbunden. Mögliche Trade-offs in puncto Datenschutz werden nur in Bezug auf
1Dass dies keine spezifische deutsche Befindlichkeit ist, zeigt eine Umfrage des Pew
Research Center. Danach gaben 91 % der Amerikaner schon 2014 an, dass sie die Kontrolle
darĂŒber verloren haben, wie Unternehmen ihre persönlichen Daten sammeln und nutzen
(Madden 2014).
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Titel
- Die Big-Data-Debatte
- Untertitel
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Autoren
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Verlag
- Springer Gabler
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Abmessungen
- 15.3 x 21.6 cm
- Seiten
- 220
- Schlagwörter
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207