Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie
Page - 35 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 35 - in Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie

Image of the Page - 35 -

Image of the Page - 35 - in Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie

Text of the Page - 35 -

Wie wird man Kaiserin? 35 Mascov formulierte76. Er unterschied zwischen geschriebener Überlieferung des Reichs- rechtes, zu der neben Reichsabschieden und Wahlkapitulationen etwa die Goldene Bulle zählte, und gelebten Rechtstraditionen, die als ungeschriebener Teil des Reichsrechtes gel- ten müssten. Es scheint, als ob sich in diesem Zusammenhang nach 1720 ein Rechtferti- gungsdruck ergab in Bezug auf die mittelalterlichen Beispiele der Herrschaftsteilhabe von Kaiserinnen77. Diese konnten nun als Exempel der Herrschaftsteilhabe ungewöhnlicher Frauen nicht mehr unbestritten bleiben, denn dann wären sie zugleich Präzedenzfälle eben solcher ungeschriebener Rechtstraditionen gewesen, denen Konsequenzen für die Rechts- praxis zugesprochen hätten werden können. Ungeachtet dieser fortschreitenden diskursiven Entmachtung der Position der Kaiserin zog keiner der Autoren ernsthaft in Zweifel, dass Erörterungen zu Rang und Amt der Kai- serin zu den Gegenständen des öffentlichen Rechtes78 zu zählen seien. Wenn auch oft nur knapp und am Rande erwähnt, war ihre Position im Reichsrecht doch offenbar Grund ge- nug für eine Darstellung. Erst um 1700 formulierte Titius eine klare Ablehnung dieser Zu- ordnung: „Licet igitur non iisdem plane juribus utatur Augusta, quibus foeminae plebejae, vel conditionis inferioris, uti solent, attamen omnia illa, privata sunt, nec adeo Jurispru- dentiae Privatae sphaeram excedunt.“79 Dagegen positionierte sich der bereits mehrfach zitierte Jakob Karl Spener, der 1727 festhielt, mit dieser Abwertung in den Bereich des Pri- vatrechtes sei Titius zweifellos zu weit gegangen. Spener selbst sprach sich ebenfalls gegen eine eindeutige Zuordnung der Kaiserin zum öffentlichen Recht aus80, wollte sie jedoch auch nicht völlig ausschließen. Titius‘ Position konnte sich nicht allgemein durchsetzen; noch Johann Jakob Moser und Johan Stephan Pütter nahmen die Kaiserin in ihre Kompi- lationen auf. Positionierungen wie die von Titius und Spener können aber möglicherweise ebenfalls als Indiz einer fortschreitenden Marginalisierung der Position der Kaiserin im Reichsrecht gedeutet werden. Durch ihren meist dezidierten Bezug auf die Rolle von Frauen in der zeitgenössischen Herrschaftsordnung, der in den Darlegungen der verschiedenen Juristen unterschiedlich viel Raum einnahm, kann man die reichspublizistische Diskussion eindeutig auf umfas- sendere Diskussionen im Kontext der „Querelle des femmes“81 beziehen. Zwar gab es ei- nige Versuche, ausgehend vor allem von antiken Bezügen, aber auch unter Rückgriff auf 76 Gross, Empire, 377. 77 Zur Forschung dazu siehe beispielsweise Fößel, Political Traditions; Zey, Mächtige Frauen. 78 Siehe dazu etwa Stolleis, Reichspublizistik, 141. 79 Titius, Specimen iuris publici, 571. 80 Spener, Teutsches Iuris publici, 211f. 81 Hassauer/Waldner, Heißer Streit; Dubois-Nayt/Henneau/Kulessa, Revisiter la querelle des femmes. https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0 © BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
back to the  book Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie"
Die Kaiserin Reich, Ritual und Dynastie
Title
Die Kaiserin
Subtitle
Reich, Ritual und Dynastie
Author
Katrin Keller
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21338-3
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
430
Keywords
Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Kaiserin und Reich: Einleitung 9
  2. An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
  3. Überblick 22
  4. Wie wird man Kaiserin? 29
  5. Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
  6. Die Majestas-Debatte 36
  7. Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
  8. Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
  9. Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
  10. Die Erzämter 53
  11. Das Ius Primariarum Precum 58
  12. Schluss 62
  13. Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
  14. Der rituelle Ablauf 68
  15. Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
  16. Der Ablauf der Krönung 71
  17. Ritual und Geschlecht 82
  18. Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
  19. Kaiser und Kurfürsten 87
  20. 1612: Der Neuanfang 103
  21. 1630: Die Verlegenheitslösung 110
  22. 1637: Kaiserin und Königin 114
  23. 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
  24. 1690: Zeremonialkonflikte 133
  25. 1742: Abgesang? 142
  26. Schluss 153
  27. Kaiserinnen in den Medien 157
  28. Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
  29. Eigenständige Publikationen 161
  30. Chronikwerke 171
  31. Zeitungen 178
  32. Die Krönung als Medienereignis 181
  33. Medienformen 183
  34. Die Krönungsbeschreibungen 191
  35. Texte und Bilder 200
  36. Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
  37. Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
  38. Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
  39. Schluss 241
  40. Handlungsfelder 245
  41. Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
  42. Audienzen beim Reichstag 1653 252
  43. Audienzen in Wien 254
  44. Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
  45. Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
  46. Netzwerke: Korrespondenzen 268
  47. Zur Überlieferung 268
  48. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
  49. Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
  50. Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
  51. Fürbitten 279
  52. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
  53. Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
  54. Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
  55. Die Begründung der Regentschaft 300
  56. Zum Selbstverständnis der Regentin 304
  57. Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
  58. Schluss 319
  59. Kaiserin und Reich: Schluss 323
  60. Anhang 331
  61. Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
  62. Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
  63. Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
  64. Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
  65. Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
  66. Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
  67. Tabellenverzeichnis 354
  68. Abbildungsverzeichnis 355
  69. Abkürzungsverzeichnis 356
  70. Quellenverzeichnis 357
  71. Literaturverzeichnis 367
  72. Gedruckte Quellen und Editionen 367
  73. Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
  74. Literatur 378
  75. Personenregister 410
  76. Ortsregister 427
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Die Kaiserin