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Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie
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Die Majestas-Debatte 37 walt ĂŒber Krieg und Frieden, die Ernennung der wichtigsten Beamten, höchstrichterliche Kompetenzen und das Begnadigungsrecht zu den souverĂ€nen Rechten. Als entscheidend aber fasste er die Gesetzgebungsgewalt auf, aus der sich alle anderen Kompetenzen ableiten ließen; sie beinhaltete zugleich die Möglichkeit, Privilegien, Exemtionen und ImmunitĂ€- ten zu vergeben, nicht nur das fĂŒr alle gesetzte Recht88. Die ersten Texte, die zur Frage der Majestas einer Kaiserin Stellung nahmen, bezogen sich dabei nicht unbedingt direkt auf Bodin. Vielmehr waren es zunĂ€chst die kurzen Be- merkungen in Chasseneuz‘ 1603 wieder aufgelegtem „Catalogus Gloriae Mundi“, die als AutoritĂ€t angesprochen wurden. Dort hieß es: Als Ehefrau teile die Kaiserin Rang und Ehren mit ihrem Gemahl. Von seinen Privilegien stĂŒnden ihr jedoch nur die zu, die ihr als Frau gebĂŒhrten („tribuuntur ei priuilegia, quae conueniunt mulieri“). Das bedeute ins- besondere, dass sie kein Recht setzen könne, sowenig wie die Königin von Frankreich89. Zudem kam die Frage ĂŒber eine Disputation, die Richard Dieter schon 1607 in Basel vorlegte90, in die reichspublizistische Diskussion. Dabei bezog sich Dieter direkt auf Bodin – seine Darstellung, in der er den Katalog der SouverĂ€nitĂ€tsrechte und die Erwerbs- und VerlustgrĂŒnde von Majestas erörterte, spielte fĂŒr die Bodin-Rezeption im Reich generell keine unwichtige Rolle. In Bezug auf die Kaiserin hielt Dieter fest, dass die Kaiserin auf- grund ihres Geschlechtes keine Majestas haben könne: „Eam [Augusta] legibus solutam non esse, sed ut reliquum hominum genus obstringi verius est.“ Auch die Rechte des Ehe- mannes ĂŒbertrĂŒgen sich deshalb nicht einfach auf sie. Damit wird bereits sichtbar, dass im Rahmen dieser Diskussion das Spannungsfeld von Geschlecht und Herrschaft wieder eine erhebliche Rolle spielen sollte. Als nĂ€chster Ă€ußerte sich Philipp Heinrich Hoenonius, Professor in Herborn und wie Dieter Calvinist, in einer 1614 erschienenen Disputation zu dieser Frage91, die spĂ€ter mehr- fach in diesem Kontext zitiert werden sollte. Er ging von den „Institutiones“ Kaiser Jus- tinians aus und diskutierte die Frage, ob eine MajestĂ€tsbeleidigung, ein „Crimen laesae Majestatis“, gegen die Kaiserin möglich sei. Dies verneinte er, weil die Kaiserin zwar als Ehefrau Privilegien genieße, aber ĂŒber keine eigenstĂ€ndige Majestas verfĂŒge. Auf seine Stel- 88 Ottmann, Geschichte des politischen Denkens, 219; Gross, Empire, 2. 89 Chasseneuz, Catalogus Gloriae Mundi, Teil 5, Cons. 39 (Ausgabe 1603: S. 258). 90 Dieter, De Summa Summi, LXXII. Zum Werk Stolleis, Reichspublizistik, 177. Dieter wurde spĂ€ter zitiert etwa von Limnaeus (Iuris Publici), Carpzov (Commentarius) und Fritsch (De Au- gusta). 91 Hoenonius, Disputationum Juridicarum, Disputation 24 (361–377). Zur Person Stolleis, Reichspublizistik, 111; https://www.deutsche-biographie.de/sfz32861.html [30.12.2020]. Hoe- nonius wurde spĂ€ter zitiert etwa bei Riemer (Decades Quaestionum), Limnaeus (Juris publici), Fritsch (De Augusta) und Strauss (De iuribus Augustae competentibus). https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0 © BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin Reich, Ritual und Dynastie
Title
Die Kaiserin
Subtitle
Reich, Ritual und Dynastie
Author
Katrin Keller
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21338-3
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
430
Keywords
Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Kaiserin und Reich: Einleitung 9
  2. An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
  3. Überblick 22
  4. Wie wird man Kaiserin? 29
  5. Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
  6. Die Majestas-Debatte 36
  7. Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
  8. Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
  9. Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
  10. Die ErzÀmter 53
  11. Das Ius Primariarum Precum 58
  12. Schluss 62
  13. Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der FrĂŒhen Neuzeit 65
  14. Der rituelle Ablauf 68
  15. Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
  16. Der Ablauf der Krönung 71
  17. Ritual und Geschlecht 82
  18. Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
  19. Kaiser und KurfĂŒrsten 87
  20. 1612: Der Neuanfang 103
  21. 1630: Die Verlegenheitslösung 110
  22. 1637: Kaiserin und Königin 114
  23. 1653: Kompetenzen und PrÀzedenzen 122
  24. 1690: Zeremonialkonflikte 133
  25. 1742: Abgesang? 142
  26. Schluss 153
  27. Kaiserinnen in den Medien 157
  28. Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
  29. EigenstÀndige Publikationen 161
  30. Chronikwerke 171
  31. Zeitungen 178
  32. Die Krönung als Medienereignis 181
  33. Medienformen 183
  34. Die Krönungsbeschreibungen 191
  35. Texte und Bilder 200
  36. Die mediale PrÀsenz der Krönungen im Vergleich 225
  37. Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
  38. Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
  39. Schluss 241
  40. Handlungsfelder 245
  41. Kaiserliche ReprÀsentation: Audienzen 248
  42. Audienzen beim Reichstag 1653 252
  43. Audienzen in Wien 254
  44. Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
  45. Audienzen fĂŒr reichsstĂ€ndische Diplomaten 261
  46. Netzwerke: Korrespondenzen 268
  47. Zur Überlieferung 268
  48. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
  49. Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
  50. Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
  51. FĂŒrbitten 279
  52. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
  53. Die Kaiserin als FĂŒrsprecherin: Beispiele 284
  54. Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
  55. Die BegrĂŒndung der Regentschaft 300
  56. Zum SelbstverstÀndnis der Regentin 304
  57. Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
  58. Schluss 319
  59. Kaiserin und Reich: Schluss 323
  60. Anhang 331
  61. Die Königinnen und Kaiserinnen der FrĂŒhen Neuzeit 331
  62. Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
  63. Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
  64. Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
  65. Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
  66. Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
  67. Tabellenverzeichnis 354
  68. Abbildungsverzeichnis 355
  69. AbkĂŒrzungsverzeichnis 356
  70. Quellenverzeichnis 357
  71. Literaturverzeichnis 367
  72. Gedruckte Quellen und Editionen 367
  73. Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
  74. Literatur 378
  75. Personenregister 410
  76. Ortsregister 427
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