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Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie
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106 Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit nung 1612 ein lange verfolgtes Ziel erreicht, es war jedoch offensichtlich, dass er ein schwa- cher Kaiser sein würde und nach dem Willen der Kurfürsten auch sein sollte. Nachdem die kaiserliche Seite die Zustimmung des Kurfürstenkollegs zur Krönung der Kaiserin erlangt hatte, forderte das Mainzer Erzkanzellariat (wie bei der Kaiserkrönung) den Reichserbmarschall von Pappenheim auf, die anwesenden Fürsten zur Krönung zu bitten, den Termin anzusagen. Bei der Organisation des Ablaufes aber trat 1612 nicht er oder der Reicherzkanzler, sondern in erster Linie Bischof Melchior Khlesl169, der Vertraute und Geheime Rat des Kaisers, in Erscheinung. Dies hielten beispielsweise die Nürnber- ger Krongesandten fest: „Dienstags ist der Konigin krönung fürgangen, welche ein sehr schöne kron, szepter vnd apffel gehapt. Vmb 7 seyn wir in die kirche kommen, Bischoff Clösel [war] sehr geschefftig, vnd an allen orten vornen dran, hat diese clinodia auß der sacristey vff den altar tragen, da wir sie sehr wol gesehen.“170 Und auch der Fuldaische Ge- sandte bemerkte in seinem Bericht, dass nicht der kaiserliche Oberstkämmerer, wie eigent- lich angenommen, sondern Bischof Khlesl die Entscheidungen getroffen habe171. Sein dezidiertes Agieren legt ebenso wie der Wunsch nach getrennten Krönungen nahe, dass die Krönung Annas 1612 in Khlesls Gesamtkonzept einer Stärkung der kaiserlichen Stellung im Reich172 einzuordnen ist, gab sie doch die Möglichkeit zu zwei rituellen Auf- führungen des Reiches in kurzem Abstand nacheinander. Bei beiden konnte der neue Kai- ser seine Position sowohl im Kontext des Reichsverbandes wie in Bezug auf die Kurfürsten in einer solennen Aufführung zeigen. Dass an den beiden Krönungen 1612 fast alle Kur- fürsten – bis auf den Brandenburger – in persona teilnahmen, dürfte die doppelte Krö- nungssequenz umso attraktiver gemacht haben. Der Berliner Bericht über den Wahltag etwa spricht ausdrücklich von einem „vornehme[n] convent, welchem nebest i[hrer] Mt. in die 32 furstliche personen, und bey den 300 von grauen und herrn, und in die 3000 von adell, dan auch an botschafftenn, des Konigs zu Gros-Britannien, des Königs zue Fran- ckreich, des Königs zue Hispanien, der florentiner und des Bapsts, beygewohnet“173. Das publizistische Echo der beiden Krönungen174 legt dies ebenso nahe. Trotz dieser Einbindung in die rituelle Repräsentation der gerade erworbenen kaiserli- chen Stellung erschien die Krönung der Kaiserin erst in dem Moment in den Quellen, als ihre Durchführung schon unmittelbar bevorstand. Dies deutet das Zitat im Protokoll des 169 Zu ihm Angermeier, Khlesl; Schmidt, Reiter der Apokalypse, 124; Whaley, Reich, Bd. 1, 542f. 170 StAN, Rep. 67 Nürnberg, Krönungsakten Nr. 11, fol. 7r. 171 HLAM, 90 Nr. a 320 I, fol. 100v. 172 Schnettger, Kaiser und Reich, 112. 173 GSTA PK, I.HA GR, Rep. 12, Nr. 51, fol. 40v–41r. 174 Siehe dazu unten 191–219 zu den Krönungsbeschreibungen und zur Bildpublizistik; Rudolph, Reich als Ereignis, 367–377. https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0 © BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin Reich, Ritual und Dynastie
Title
Die Kaiserin
Subtitle
Reich, Ritual und Dynastie
Author
Katrin Keller
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21338-3
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
430
Keywords
Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Kaiserin und Reich: Einleitung 9
  2. An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
  3. Überblick 22
  4. Wie wird man Kaiserin? 29
  5. Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
  6. Die Majestas-Debatte 36
  7. Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
  8. Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
  9. Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
  10. Die Erzämter 53
  11. Das Ius Primariarum Precum 58
  12. Schluss 62
  13. Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
  14. Der rituelle Ablauf 68
  15. Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
  16. Der Ablauf der Krönung 71
  17. Ritual und Geschlecht 82
  18. Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
  19. Kaiser und Kurfürsten 87
  20. 1612: Der Neuanfang 103
  21. 1630: Die Verlegenheitslösung 110
  22. 1637: Kaiserin und Königin 114
  23. 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
  24. 1690: Zeremonialkonflikte 133
  25. 1742: Abgesang? 142
  26. Schluss 153
  27. Kaiserinnen in den Medien 157
  28. Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
  29. Eigenständige Publikationen 161
  30. Chronikwerke 171
  31. Zeitungen 178
  32. Die Krönung als Medienereignis 181
  33. Medienformen 183
  34. Die Krönungsbeschreibungen 191
  35. Texte und Bilder 200
  36. Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
  37. Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
  38. Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
  39. Schluss 241
  40. Handlungsfelder 245
  41. Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
  42. Audienzen beim Reichstag 1653 252
  43. Audienzen in Wien 254
  44. Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
  45. Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
  46. Netzwerke: Korrespondenzen 268
  47. Zur Überlieferung 268
  48. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
  49. Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
  50. Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
  51. Fürbitten 279
  52. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
  53. Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
  54. Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
  55. Die Begründung der Regentschaft 300
  56. Zum Selbstverständnis der Regentin 304
  57. Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
  58. Schluss 319
  59. Kaiserin und Reich: Schluss 323
  60. Anhang 331
  61. Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
  62. Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
  63. Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
  64. Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
  65. Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
  66. Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
  67. Tabellenverzeichnis 354
  68. Abbildungsverzeichnis 355
  69. Abkürzungsverzeichnis 356
  70. Quellenverzeichnis 357
  71. Literaturverzeichnis 367
  72. Gedruckte Quellen und Editionen 367
  73. Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
  74. Literatur 378
  75. Personenregister 410
  76. Ortsregister 427
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