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lichen Situation von Pluralität ist es Aufgabe der Religionspädagogik39, sich neu zu
verantworten und zu gestalten.40 Neben den Zielen der Bildung im Glauben und der
ethischen Bildung ist in der christlichen Bildungstradition die Pluralitäts- und Ver-
ständigungsfähigkeit das dritte übergreifende Ziel.41 „Der doppelten Orientierung an
Gemeinsamkeit und Differenz entspricht das Bildungsziel einer Pluralitätsfähigkeit,
die profilierte religiöse Bildung voraussetzt.“42 Die Differenz, die aufgrund des Fak-
tums der Pluralität auftritt, bietet Chancen und Herausforderungen, mit denen es sich
in der Pädagogik und der Religionspädagogik verstärkt auseinanderzusetzen gilt. Eine
Grundbedingung für eine pluralitätsfähige Religionspädagogik ist die Fähigkeit, Ope-
rationen nachzuvollziehen, „mittels derer Kinder, Jugendliche und Erwachsene heute
ihren Glauben konstruieren“.43 Das Bewusstsein für Differenz in der Religionspädago-
gik ist Voraussetzung für eine Bildungsarbeit, die Differenzsensibilität und -fähigkeit
der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen fördert. Karl Ernst Nipkow nennt zwei
Herausforderungen für die Religionspädagogik in der Neuzeit,
„zum einen die Verselbstständigung der Einzelnen und damit die Steigerung interindi-
vidueller Differenz, d. h. Verschiedenheit (Mündigkeit, Selbstbestimmung/Autonomie,
religiöse Individualisierung) und zum anderen die Steigerung gesellschaftlicher
Differenz (funktional-differenzierte Gesellschaft, weltanschaulich-religiöse Plu
ra li sie-
rung)“.44
5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen
„Inzwischen hat sich weithin die Einsicht Bahn gebrochen, dass ein Zusammenleben
in Frieden angesichts der gesellschaftlichen Pluralität nur möglich werden kann, wenn
39 Das Thema der Pluralität verbindet die Religionspädagogik verschiedener Länder
miteinander. Vgl. Schweitzer, Friedrich (2002): Ausblick: Internationale Perspektiven.
In: Schweitzer, Friedrich u. a.: Entwurf einer pluralitätsfähigen Religionspädagogik,
229–237, 234.
40 Vgl. ebd., 229.
41 Schweitzer, Friedrich (2006): Religionspädagogik. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus,
124.
42 Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hg.) (2014): Religiöse Orientierung
gewinnen. Evangelischer Religionsunterricht als Beitrag zu einer pluralitätsfähigen
Schule. Eine Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Gütersloh:
Gütersloher Verlagshaus, 12.
43 Englert, Rudolf (2002): Dimensionen religiöser Pluralität. In: Schweitzer, Friedrich u. a.:
Entwurf einer pluralitätsfähigen Religionspädagogik, 17–50, 41.
44 Nipkow, Karl Ernst (22009): Pädagogische Grundbegriffe – religionspädagogische
Grundmuster. In: Bitter, Gottfried/Englert, Rudolf/Miller, Gabriele/Nipkow, Karl Ernst
(Hg.): Neues Handbuch religionspädagogischer Grundbegriffe. München: Kösel [2002],
25–30, 27.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279