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renddessen bereiten die Pädagoginnen die Brote für die Kinder zu oder schneiden das
Obst, je nachdem welche Verpflegung für den jeweiligen Tag vorgesehen ist. Nach-
dem sich alle Kinder die Hände gewaschen haben, nennt die Pädagogin die Namen
der Kinder, die sich das Essen und Tee holen können. Nach dem Tischgebet essen die
Kinder, wobei wenig bis gar nicht gesprochen werden sollte. Diejenigen Kinder, die
fertig gegessen haben, waschen sich wieder die Hände und können im Kindergarten-
raum Spiele auswählen. Zwei Kinder helfen der Pädagogin nach der Mahlzeit, die
Tische abzuwischen, und ein Kind begleitet die Pädagogin, wenn diese das Geschirr
in die Küche zurückbringt. Die Freispielzeit der Kinder wird durch ein Glockenläuten
und ein von der Pädagogin gesungenes Lied unterbrochen, damit sich alle Kinder im
Morgenkreis versammeln, in welchem die Kinder und die Pädagoginnen verschiedene
Lieder singen und diverse Spiele spielen. Im Anschluss an den Morgenkreis wird die
Freispielzeit fortgesetzt, in der die Pädagogin den Kindern manchmal eine Werktä-
tigkeit anbietet. Gegen zwölf Uhr werden die Kinder der Reihe nach aufgefordert,
sich die Hände zu waschen, während eine Pädagogin das im Kindergarten zubereitete
Essen aus der Küche holt und auf den Tellern anrichtet. Nach dem Tischgebet holen
sich die Kinder, die ein Essen möchten, dieses der Reihe nach bei der Pädagogin ab.
Während des Essens werden lange, intensive Gespräche von der Pädagogin unterbun-
den, einige Wortmeldungen gehen in Ordnung. Nach dem Essen ruht sich die Hälfte
der Kinder auf Matratzen aus, die im Gruppenraum verteilt werden, die andere Hälfte
der Kinder wird von der Koranlehrerin abgeholt. Sie gehen von Montag bis Donners-
tag in das Koranzimmer und am Freitag in die Moschee. Nach ungefähr einer hal-
ben Stunde wechseln die beiden Gruppen. Wenn alle Kinder wieder im Gruppenraum
sind, werden einigen Kindern von einer anderen Pädagogin in einem separaten Raum
Geschichten vorgelesen. Im Laufe des Nachmittags findet noch eine Nachmittags-
mahlzeit statt, wobei der Ablauf derselbe wie am Vormittag ist. Die meisten Kinder
werden zwischen 15:30 Uhr und 17:30 Uhr abgeholt.
Während der Freispielzeit ist häufig ein Radiosender mit Musik und Nachrichten
eingeschaltet, dem die Kinder allerdings keine Aufmerksamkeit schenken.
3. Kurze Fallbeschreibungen
Die Eckdaten und der Aufbau des Untersuchungsdesigns wurden bereits dargelegt.599
Im Folgenden werden ausgehend vom Konzept des Thematischen Kodierens600 kurze
Fallbeschreibungen der durchgeführten Interviews, der Gruppendiskussionen und der
Teilnehmenden Beobachtung dargestellt, wobei diese die methodische Durchführung,
die Methoden, die teilnehmenden Personen und die zentralen Themen beinhalten. Die
Fallbeschreibungen werden deskriptiv gehalten, damit Einblick in den Ablauf der ein-
zelnen Methoden gewährt wird, da durch diese die nachfolgende Analyse nach den
599 Vgl. Teil IV „Untersuchungsdesign und -durchführung“.
600 Vgl. Kapitel „Thematisches Kodieren“ (Teil III, 4).
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279