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zunehmen und würdigen zu können, wozu die Ergebnisse der Kindheitsforschung einen
wichtigen Beitrag leisten. Paul Connolly weist darauf hin, dass frühere Studien, die
untersuchen wollten, ob existierende Trennungen junge Kinder berühren, das Ausmaß
der Betroffenheit der Kinder unterschätzten. Dies kann dadurch erklärt werden, dass
Erwachsene ihre Art des Denkens auf Kinder zu übertragen versuchten:
„It is shown that much of the earlier research tended to underestimate the extent to
which existing divisions affect young children. This can be explained largely by the
fact that researchers have tended to apply adult ways of thinking about the conflict to
young children and assessing their attitudes and levels of awareness on that basis.“248
Die Bedeutung, jungen Kindern zuzuhören und ihre Erfahrungen vor dem Hintergrund
des sie umgebenden sozialen Umfelds zu verstehen, ist möglicherweise der sprin-
gende Punkt der Untersuchungen. „Perhaps the key point is the importance of liste-
ning to young children and understanding their experiences and perspectives against
wider social environments within which they live.“249
Der frühe Kindheitssektor kann eine wesentliche Bedeutung auf das Leben der
jungen Kinder haben und es ist möglich, positive und nachweisbare Effekte auf die
Eigenschaften der Kinder und deren Stufen von Bewusstsein zu bewirken.250 Die
Untersuchungen belegen „the important role of research in informing our understan-
ding of the impact of ethnic divisions on young children.“251
1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse
Die angeführten Forschungsarbeiten, die in verschiedenen Kontexten stattfanden,
stimmen darin überein, dass Kinder Differenz wahrnehmen und auftretende Differenz
thematisieren, variieren allerdings darin, wie Kinder diese Differenz beurteilen. Die
Studien von Bar-Tal in Israel und die Studien von Connolly in Nordirland fanden
jeweils in einem Kontext statt, der von Feindschaft einer anderen Gruppe gegenüber
geprägt ist. Diese in der Gesellschaft spürbare Ablehnung gegenüber einer klar defi-
nierten Gruppe wirkt sich auf die Aussagen und Bewertungen der Kinder über diese
andere Gruppe aus. Kinder sind in der Lage, diese Attributionen zu übernehmen und
zu internalisieren. Sie verstehen, dass es eine andere Gruppe gibt, der sie selbst nicht
angehören, sie sind somit in der Lage, Konzepte über eine andere Gruppe zu bilden
und diese zu bewerten. Das Verbleiben in der eigenen Gruppe kann auch mit einer
starken Präferenz dieser zusammenhängen, ohne die andere Gruppe abzuwerten. Con-
nollys Ergebnisse legen besonderes Augenmerk auf kindgemäßes Untersuchungsde-
sign, durch welches erhoben werden kann, was die Kinder tatsächlich beschäftigt.
248 Ebd.
249 Ebd., 25.
250 Vgl. ebd., 27.
251 Ebd., 25.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279