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Gruppendiskussion nach Ostern mit Fw, Rw und Ew: Das Gespräch wurde von den
Kindern am Maltisch begonnen und es nahmen drei fünfjährige, muslimische Mäd-
chen teil: Fw, Rw und Ew.
Die Kinder unterhalten sich über das Osterfest und erwähnen in diesem Zusam-
menhang, dass sie Muslima seien. Sie fragen die Forscherin, ob und wie sie das Oster-
fest gefeiert habe. Da die Forscherin die Frage von Ew, ob sie Ostern gefeiert habe,
bejaht, wird sie gefragt, ob sie keine Muslima sei. Außerdem interessiert die Kinder,
warum sie keine Muslima sei, und sie fragen, ob denn ihre Mutter keine Muslima sei.
Daraufhin erzählen sie, ob ihre Eltern Christen oder Muslime seien, und Fw erklärt,
dass ihr Papa Hodscha sei, wobei sie fragt, wie das auf Deutsch heiße, woraufhin Rw
meint, dass es auch auf Deutsch Hodscha heiße. Fw fragt genau nach, wie Ostern
gefeiert werde. Als die Forscherin den Besuch der Kirche anführt, antwortet Fw mit
„Dingdongdingdong“620 und auf die Erzählung von Ostereiern erwähnt Fw ihren
Cousin, der auch Ostereier habe und fragt weiter, ob es auch Schokolade gebe. Ew
erzählt von Schokolade, die sie bekommen und aufgegessen habe. Fw erzählt aufge-
regt, auch Schokolade gegessen zu haben. Sie sei aber Muslima und ihre Mutter trage
ein Kopftuch, wobei Christinnen hingegen kein Kopftuch tragen würden. Ew fragt
Fw daraufhin verwundert, ob sie Christin sei, woraufhin Fw antwortet, dass sie keine
Christin sei, aber einen Christusfilm angesehen habe. Daraufhin fragen die Kinder die
Forscherin, ob sie Türkisch oder Arabisch sprechen könne.
3.4 Gruppendiskussionen mit den Pädagoginnen
Die Gruppendiskussionen mit den Pädagoginnen bildeten den Abschluss der Feldfor-
schung im Kindergarten und fanden am Ende des Schuljahres 2013/2014 statt: Die
Forscherin war den Pädagoginnen bereits gut bekannt und es hatte sich ein Vertrau-
ensverhältnis aufgebaut. Die Pädagoginnen in beiden Gruppen antworteten ausführlich
auf die gestellten Fragen und kamen miteinander in ein Gespräch, wobei beide Dis-
kussionen jeweils 45 Minuten dauerten und dann beendet werden mussten, weil die
Pädagoginnen wieder für die Kinder verantwortlich waren. Beide Gruppendiskussionen
zeichneten sich durch eine gute, offene Atmosphäre aus, in der viel gelacht wurde. Die
Redezeit aller Pädagoginnen war ausgewogen. Es erfolgte während der Diskussion kein
Eingriff in die Redezeit oder die Aufteilung der Redebeiträge der Pädagoginnen.621 Im
Kindergarten in katholischer Trägerschaft wurde die Gruppendiskussion mit den beiden
gruppenleitenden Kindergartenpädagoginnen geführt, da diese den Tagesablauf im Kin-
dergarten bestimmten, während die Assistentinnen klar zugeteilte Aufgaben innehatten
und in pädagogische Entscheidungen nicht involviert waren. Im Kindergarten in islami-
scher Trägerschaft wurde die Gruppendiskussion mit der Kindergartenpädagogin und
620 Gruppendiskussion nach Ostern mit Fw, Rw und Ew im Kindergarten in islamischer
Trägerschaft, 18.
621 Vgl. Kapitel „Gruppendiskussion“ (Teil III, 6.2).
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279