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ihrer Erfahrungswelt. Sie versuchen, christliche Feste durch Bezugnahme auf isla-
mische Feste zu verstehen, indem sie Begriffe miteinander verbinden, so bezeichnen
sie die vorösterliche Fastenzeit als Ramadan und das Osterfest als Osterbayram. Die
Pädagogin berichtigt das Mädchen, dass das Fest nur Ostern heiße, nicht Osterbayram,
worauf ein Junge Osterferien sagt.
387 Ew: Osterbayram bei Tante, Osterbayram
388 T: Das ist nicht Bayram, nur Ostern.
389 Ew: Ostern
390 Bm: °Osterferien°652
Die Kinder erzählen ohne Nachfragen der Forscherin, dass sie zwar Muslime seien,
aber trotzdem Schokolade und Süßigkeiten zu Ostern bekommen hätten. Die Kinder
interessieren sich für Erzählungen der Pädagogin über andere Gotteshäuser, mit dem
Wort Kirche verbinden sie das Geläut der Glocke.
Im Kindergarten in katholischer Trägerschaft vergleichen die Kinder die mit Henna
bemalten Hände eines Kindes mit Tattoos, die sie beim Arzt geschenkt bekommen
oder mit Malereien, die sie sich mit Filzstift aufmalen.
4.2.2 Frage der Zugehörigkeit
Wie Kinder ihre eigene Religion und ihre religiösen Ausdrucksformen thematisieren,
unterscheidet sich sowohl zwischen den beiden Kindergärten als auch zwischen den
Kindern der größeren Religion und der kleineren Religionen. Während sich Kinder
der größeren Religion den religiösen Angeboten des jeweiligen Kindergartens zuge-
hörig fühlen und bei diesen mitwirken, sind die Kinder der kleineren Religionen von
diesen häufig ausgeschlossen. Der Wunsch nach Zugehörigkeit zeigt sich bei den Kin-
dern der kleineren Religionen, indem sie Differenz nicht offenlegen, über ihre eigene
Religion und religiösen Ausdrucksformen schweigen und sich in ihrem Verhalten an
das Verhalten der Kinder der größeren Religion anpassen, wohingegen die Kinder
der größeren Religion sich die Frage der Zugehörigkeit nicht stellen. Dies wird deut-
lich, indem sie religiöse Differenz offenlegen, die eigene Religion oder religiöse Aus-
drucksformen thematisieren und die bei Festen abwesenden Kinder mit deren Abwe-
senheit konfrontieren.
• Wunsch nach Zugehörigkeit
• Keine Offenlegung von religiöser Differenz
• Schweigen über eigene Religion oder religiöse Ausdrucksformen
• Anpassung an das Verhalten der größeren Religion
652 Forschungstagebuch im Kindergarten in islamischer Trägerschaft, 387–390.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279