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scher Trägerschaft könnte die Einstellung der Gesellschaft zum Christentum oder zum
Islam widerspiegeln.682 Die gesellschaftliche Anerkennung der verschiedenen Religio-
nen zeigt sich auch in der Erkennbarkeit der verschiedenen Religionen im öffentlichen
Raum. Martin D. Stringer identifiziert in seinem ethnographischen Forschungsprojekt
zu religiöser Diversität im städtischen Raum vier Themen, anhand derer alltägliche,
nicht initiierte religiöse Diversität diskutiert wird. Diese Themen beziehen sich auf
Kleidung, auf Gebäude und die bebaute Umgebung, auf Straßenfeste und auf kürzlich
stattgefundene Ereignisse in den Medien.683 In Österreich sind christliche Feste im
öffentlichen Raum präsent und werden durch Dekorationen angekündigt, wohingegen
andere Feste nicht präsent sind. Somit können diese von den Kindern nicht erfah-
ren werden, es sei denn andere Kinder oder Erwachsene thematisieren sie. Insofern
kann die Erkennbarkeit der Religionen in der Öffentlichkeit beeinflussen, was Kinder
beschäftigt und was sie thematisieren. So ist das Christentum aufgrund diverser Feste
und der Kirchengebäude im öffentlichen Raum gut wahrnehmbar, während andere
Religionen, so nicht der Blick bewusst auf sie gelenkt wird, in der Öffentlichkeit nicht
wahrgenommen werden können. Auch wenn die (religiös) plurale Gesellschaft der
Kontext Europas ist,684 wird das eigene Umfeld in der Regel als monoreligiös oder gar
monokonfessionell wahrgenommen, da die anderen Religionsgemeinschaften ausge-
blendet werden.685
1.3 Familie und das familiäre Umfeld
„Das Bild von der Welt generieren Kinder aus den Informationen, Bildern und Erfah-
rungen, die ihnen in der direkten Lebensumwelt zur Verfügung stehen.“686 Neben der
Erkennbarkeit im öffentlichen Raum sind Einstellungen der Kinder wesentlich von
Einflüssen und Bezugspersonen außerhalb des Kindergartens, wie beispielsweise den
Eltern,687 beeinflusst:
„In der Sozialisation spielt die Familie eine herausragende Rolle. Die Eltern sind
noch immer die stärksten Identifikationspartner für das heranwachsende Kind. In ihrer
682 Vgl. Kapitel „Rahmenbedingungen“ (Teil V, 2.1.3 und 2.2.3). Bei dieser Aussage handelt
es sich um eine Mutmaßung, die nicht in den Daten verankert ist.
683 Vgl. Stringer, Martin D. (2013): Discourses on Religious Diversity. Explorations in an
Urban Ecology. Farnham: Burlington, 29.
684 Vgl. Jäggle, Martin (2007): Religiöse Pluralität in Europa. In: Bock, Irmgard u. a. (Hg.):
Europa als Projekt, 51–67, 59.
685 Vgl. ebd., 58; Jäggle, Martin (2006): Schritte auf dem Weg. In: Bastel, Heribert u. a.
(Hg.): Das Gemeinsame entdecken – Das Unterscheidende anerkennen, 31–42, 32.
686 Gramelt, Katja (2010): Der Anti-Bias-Ansatz. Zu Konzept und Praxis einer Pädagogik für
den Umgang mit (kultureller) Vielfalt. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften,
127.
687 Je nach Familiensituation können unterschiedliche Personen die nahen Bezugspersonen
des Kindes sein.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279