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184 die geplante Ordnung und die ungeplanten Prozesse, die Funktionen aber auch die
Dysfunktionen organisierter Arbeitsabläufe, die Entstehung und die Veränderung von
Strukturen, die Ziele und ihre Widersprüche.“670
Schreyögg benennt drei Zentralelemente eines institutionellen Organisationsbe-
griffs.671 Organisationen verfolgen eine „spezifische Zweckorientierung“, die nicht
identisch mit den Zwecken der Organisationsmitglieder sein muss. In der Regel ver-
folgen Organisationen „mehrere, einander partiell widersprechende Ziele.“672 Zudem
haben Organisationen eine „geregelte Arbeitsteilung“ und „bestehen aus mehreren
Personen (oder genauer: aus Handlungen mehrerer Personen), deren Aufgabenakti-
vitäten nach einem bestimmten Muster geteilt und koordiniert werden […].“673 Orga-
nisationen sind strukturell organisiert und weisen „beständige Grenzen“ auf, die eine
Unterscheidung in organisatorische Innen- und Außenwelt ermöglichen. Diese Grenze
ist absichtlich hergestellt und weist eine gewisse Stabilität auf.674
Die skizzierte Darstellung des institutionellen Organisationsbegriffs verdeutlicht,
dass es sich bei elementaren Bildungseinrichtungen um Organisationen handelt. Die-
sen Blick auf die Organisation gilt es neben dem propagierten und notwendigen Blick
auf das Kind in elementaren Bildungseinrichtungen zu forcieren.
1.1 Organisation und Umwelt
„Systeme konstituieren und erhalten sich durch Erzeugung und Bewahrung einer
Grenze (einer Differenz) zur Umwelt in Form von generalisierten Verhaltenserwar-
tungen. Nachdem das System die Grenzziehung selbst erzeugt hat, kann es diese
auch, zumindest im Prinzip, jederzeit wieder verändern oder abbauen. Bezogen auf
die Organisation heißt dies dann, daß sie durch ihre je spezifische Differenzbildung
festlegt, was für sie Umwelt ist, insbesondere welche Segmente der Umwelt mehr
und welche weniger bedeutsam sind, welche Verknüpfungen zwischen bestimmten
Teilen der Umwelt Bedeutung haben usw.“675
Edgar H. Schein benennt das Festlegen der Grenzen und die Bestimmung der relevan-
ten Umwelten als eine der größten Schwierigkeiten von Organisationen.676
670 Schreyögg, Georg (31999): Organisation. Grundlagen moderner Organisationsgestaltung.
Mit Fallstudien. Wiesbaden: Gabler [1996], 10.
671 Ebd., 9f.
672 Ebd., 9.
673 Ebd.
674 Ebd., 10.
675 Ebd.
676 Schein, Edgar H. (31980): Organizational Psychology. Englewood Cliffs/New Jersey:
Prentice Hall [1965], 188.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Title
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Subtitle
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Author
- Helena Stockinger
- Publisher
- Waxmann Verlag GmbH
- Location
- Münster
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Size
- 16.5 x 23.5 cm
- Pages
- 280
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279