Page - 21 - in Österreichisches Deutsch macht Schule - Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Image of the Page - 21 -
Text of the Page - 21 -
Die letzte Volkszählung, die die Umgangssprachen der Bevölkerung erhoben
hat, fand 2001 statt – jüngere, für ganz Österreich repräsentative Daten gibt es
nicht. 2001 gaben ca.
88,6 % der Wohnbevölkerung an, (ausschließlich) Deutsch
als Umgangssprache zu sprechen, 8,6 % Deutsch und eine andere Sprache und
2,8 % ausschließlich nicht Deutsch (vgl. de Cillia/Wodak 2006). Betrachtet man
nur die österreichischen StaatsbürgerInnen, so ergibt sich, dass die Deutsch-
sprachigen 95,5 % ausmachen. Aktuellere Daten gibt es nur für die Gruppe der
25- bis 64-jährigen (das waren zum Zeitpunkt der Erhebung 4.685.300 Personen),
die im Rahmen der repräsentativen AES(Adult Education Survey)-Studie 2011/12
erhoben wurden und bei der nach den Erst- und Zweitsprachen gefragt wurde,
wobei Mehrfachangaben möglich waren. In dieser Studie gaben 84,1 % der Befrag-
ten an, Deutsch zu sprechen 3 (Statistik Austria: Erwachsenenbildungserhebung
2011/2012 [AES], 45).
Der symbolische Wert der österreichischen Varietät der deutschen Sprache
ist im Rahmen der nationalen Identitätskonstruktionen relativ hoch zu bewerten
(vgl. de Cillia 2012; 2015). Hinweis darauf ist etwa die Tatsache, dass bereits 1951
ein Österreichisches Wörterbuch als eigenes, in Österreich gültiges Nachschlag-
werk zur Dokumentation der sprachlichen Unabhängigkeit von Deutschland
erstellt wurde. Darüber hinaus ist noch einmal auf das oben erwähnte Protokoll
hinzuweisen (siehe dazu de Cillia 1995, 1997, 2006).
Die deutsche Standardsprache wird in der schriftlichen Kommunikation sowie
bei formellen mündlichen Anlässen (wie Vorlesungen, Predigt, Rundfunknach-
richten) verwendet, während in der privaten Kommunikation eher dialektale
Varietäten und Umgangssprache zum Einsatz kommen. Es existiert ein informel-
ler Standard, der umso ausgeprägter ist, je informeller die Situation ist (Ammon
et. al. 2004). Daneben ist die sprachliche Situation im Süddeutschen durch ein
Dialekt- Standard- Kontinuum gekennzeichnet
– Letzteres gilt im alemannischen
Vorarlberg nur beschränkt. Regional wird der Sprachgebrauch z. T. im Standard,
v. a. aber in der Umgangssprache noch nach ostösterreichisch, westösterreichisch,
südostösterreichisch und österreichische Mitte differenziert (Ammon et. al 2004,
XXXVII)
– im vorliegenden Projekt werden fünf Regionen angenommen (siehe
Kap. 2.5).
3 Die weiteren Sprachen waren Türkisch (5,1 %), Serbisch (3,5 %), Englisch (2,8 %), Kroatisch
(2,4 %), Bosnisch (2,1 %), Rumänisch (1,3 %), Polnisch (1,1 %), Russisch (0,7 %), Ungarisch (0,7 %),
Tschechisch/Slowakisch (0,6 %), Slowenisch (0,4 %), Arabisch (0,4 %), Italienisch (0,4 %) und
Spanisch (0,3 %). Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache
| 21
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256