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Sprache in Österreich. Sowohl in Lehrplänen als auch Studienplänen, Lehrbü-
chern und in ausgewählten Lehrveranstaltungen werden tendenziell monozen-
trische Normkonzepte vertreten. Das Konzept und der Terminus der Plurizen-
trik kommen in keinem einzigen Dokument vor (weder in Lehrplänen, noch in
Studienplänen, noch in Lehrwerken, noch in LehrerInnenhandbüchern, und nur
vereinzelt in Lehrveranstaltungsbeschreibungen).
Letztlich muss man davon ausgehen, dass die Entwicklung der Varietäten-
linguistik in den letzten Jahrzehnten und die Entwicklung der Theorie der pluri-
zentrischen Sprachen von der DaM-Didaktik nicht gleichermaßen wie in der
DaF-Didaktik rezipiert wurde und dass daher auch den meisten AutorInnen der
Lehrpläne und Studienpläne, aber auch den LehrbuchautorInnen die Diskus-
sion um die areale Konzeptualisierung der deutschen Sprache, plurizentrische
und pluriareale Zugänge und staatsbezogene Variation nicht bekannt sind. Am
ehesten dürfte das noch bei LehrveranstaltungsleiterInnen der Fall sein, wo sich
–
in einer nicht repräsentativen und punktuellen Erhebung des Angebots zweier
Semester – einige Beispiele derartiger variationslinguistischer Zugänge gezeigt
haben. Aber so gesehen kann diese Konzeptualisierung auch in den Lehrplänen,
Studienplänen und Lehrwerken keine Berücksichtigung finden. Die Ergebnisse
unserer Fragebogenerhebung zur Bekanntheit der Plurizentrik bei Lehrpersonen
(siehe Kap. 5.1) weisen im Übrigen in dieselbe Richtung.
Unsere Befunde decken sich mit denen einer Studie in Deutschland. Davies
(2017), die in Nordrhein- Westfalen untersuchte, inwiefern das Plurizentrik- Modell
den Lehrenden bekannt ist und sich auf die Praxis auswirkt, hat festgestellt, dass
das Konzept in den Lehrplänen nicht vorkommt und keine Relevanz für die
Lehrenden besitzt. Wyss (2017) zeigt, dass bei den DeutschlehrerInnen sehr vage
Standardkonzepte vorhanden sind, die sich auch in den Curricula finden.
Als Schlussfolgerung aus unserem Befund können wir uns Schmidlin/Wyss/
Davies (2017) anschließen, die feststellen, dass es wünschenswert wäre,
die Frage der Standardvarietäten im internationalen deutschsprachigen Raum in der
Ausbildung von DeutschlehrerInnen stärker mitzuberücksichtigen und insbesondere
auch bei der Schulbuchkonzeption (für alle Stufen und Schultypen) im Blick zu haben.
(Schmidlin/Wyss/Davies 2017, 18) Zusammenfassung der Dokumentenanalyse
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Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256