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Die Gruppendiskussion mit den SchülerInnen fand am 5.
Juni 2014 an einem
Gymnasium in Wien in zwei Unterrichtsstunden statt und dauerte ca.
90 Minuten.
11 Schülerinnen und 3 Schüler zwischen 17 und 19 Jahren nahmen daran teil. 12
von ihnen waren in Wien geboren und hatten die österreichische Staatsbürger-
schaft, ein Schüler war in Mazedonien geboren und mazedonischer Staatsbürger,
eine in Kanada geborene Austausch- Schülerin war kanadische Staatsbürgerin. Die
Frage nach dem Geburtsland der Eltern zeigt
– ebenso wie die nach den Mutter-
sprachen und danach, wie lange sie schon in Österreich lebten
– dass ein Teil der
SchülerInnen aus der zweiten Zuwanderergeneration stammen. Mit Ausnahme
des mazedonischen Schülers und der kanadischen Austausch- Schülerin lebten
alle seit ihrer Geburt in Österreich, und niemand von ihnen hatte bis zum Zeit-
punkt der Diskussion eine längere Zeit im Ausland verbracht. Als Geburtsland der
Eltern wurde in acht Fällen Österreich (auch Wien und Burgenland) angegeben,
je einmal Bosnien/Kroatien, Bosnien/Syrien, Kosovo, Mazedonien und Türkei.
Als Muttersprachen gaben die SchülerInnen acht Mal Deutsch an (davon einmal
österreichisches Deutsch), einmal Albanisch, einmal Englisch, einmal Kroatisch,
einmal Mazedonisch, einmal Serbokroatisch; einmal fand sich die Doppelnennung
Türkisch/Kurdisch. Interessant ist, dass so eine vermutlich frühe Zweisprachig-
keit nur einmal und nicht in Kombination mit Deutsch vorkam
– und dass ein/e
Schüler/in die in den Herkunftsländern nicht mehr übliche Selbstbezeichnung
Serbokroatisch verwendete. Nach anderen erlernten Sprachen gefragt, nannten
die TeilnehmerInnen v. a. Englisch und Französisch (je 10 mal), je einmal Deutsch
und österreichisches Deutsch, Albanisch, Arabisch und Kroatisch/Bosnisch.
Die Gruppendiskussion mit den LehrerInnen fand am 16. Juni 2014 nach-
mittags in einer pädagogischen Fortbildungsinstitution in Graz statt und dauerte
90 Minuten. Neun Lehrerinnen und ein Lehrer nahmen daran teil. Die jüngste
Teilnehmerin war 38 Jahre alt, drei TeilnehmerInnen waren zwischen 39 und 50
und sieben Lehrkräfte über 50
Jahre alt. Alle LehrerInnen waren österreichische
StaatsbürgerInnen, in Österreich geboren und bis auf eine Person in der Steiermark
aufgewachsen. Einige TeilnehmerInnen machten genauere regionale Angaben
(Graz, Oststeiermark, Südweststeiermark, Deutschlandsberg, Ligist, Fürstenfeld),
die ihnen im Hinblick auf ihre eigene Sprachbiographie und ihren Kontakt zu
Nonstandardvarietäten wichtig waren, wie der Verlauf der Diskussion zeigte. Ein/e
Teilnehmer/in hatte in der Kindheit einen Wohnortwechsel von Fürstenfeld nach
Frankfurt am Main und dann nach Linz erlebt und beschrieb das so: „Ich bin, jo,
sprachlich sehr/ in verschiedenen, ah, Gebieten sozialisiert worden.“ (M1, 0135)14
14 Die Verschriftungskonventionen der Transkripte der Interviews und Gruppendiskussionen
befinden sich im Anhang. INT = Interviewer, F = weibliche Sprecherin, M = männlicher
Sprecher; bei den SprecherInnen in den Interviews wurden auch die Bundesländer angegeben
(Wien: W, Burgenland: B, Niederösterreich: N, Oberösterreich: O, Steiermark: St,
Kärnten: K,
Salzburg: Sa, Tirol: T, Vorarlberg: V). Sie wurden nach zeitlicher Abfolge der Interviews im
jeweiligen Bundesland durchnummeriert, Beispiel: FSt3: weibl. Sprecherin aus der Steiermark,
Gruppendiskussionen
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Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Title
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Subtitle
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Authors
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 266
- Keywords
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Category
- Lehrbücher
Table of contents
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256