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2.2. KRIEGSJAHRE 69
bataillon844, indemerabdem1.5.1943seinenDienst tat,48BestandteilderHeeresgruppe
Südunter derFührungvonErichvonManstein,mutmaßlichTeil der 6.ArmeeunterGe-
neralfeldmarschallFriedrichPaulus.49 ImsüdlichenTeil derOstfront befand sichdieRote
Armee seit dem Fehlschlag des deutschen Unternehmens Zitadelle im Juli 1943 ständig
in der Offensive gegen die Wehrmacht, die mit ihren dezimierten und desorganisierten
Truppen vergeblich versuchte, stabile Verteidigungslinien zu bilden. 50
Dievon ihmgeführteKompanieversuchteeineStellungöstlichdesFlusses Inhulez(oder
Ingulez) zu verteidigen.Wahrscheinlich war das im Februar/März 1944. Den russischen
Streitkräften gelang es, die deutschenTruppen in jenemTeil der Front einzukesseln, eine
Gefahr, die mein Vater offenbar schon 1943 erkannte, wie einem Gutachten zu seinem
Spruchkammerverfahren zu entnehmen ist.51 Sie schnürten mit ihrer Angriffsfront den
Ring um die deutschen Truppen immer enger und drängten diese an den Fluß. Unter
demDauerbeschußdurch russischePanzermußtemeinVater inaussichtsloserLage seiner
Kompanie den Befehl erteilen, sich in voller Montur schwimmend ans andere Ufer zu
retten.
Einer seiner untergebenenSoldaten kniete vor ihmnieder undflehte ihn inTodesangst
an: Ich kannnicht schwimmen. DamitwardessenSchicksal besiegelt; auf einemsinken-
denSchiffkannauchderKapitännichtsweiter retten als vielleicht seine eigeneHaut.Die
übrigen Soldaten versuchten den eiskaltenFluß zu durchschwimmen,während dieser un-
terDauerbeschuß lag. Nurwenige sind lebend amanderenUfer angekommen.52Meinem
Vater war das Glück diesmal günstig gesinnt. Er wurde am Ufer von einem deutschen
Fahrzeug aufgesammelt und an einen sicheren Standort hinter der Front gefahren.
DieandiesemTagdurchgestandenen traumatischenErlebnissehabenmeinenVater ein
Leben langnichtmehr losgelassen.Oft stöhnte er imSchlaf auf,wennervon jenen furcht-
Stockhausen enthältAussagen, die eineErklärung für die 1942 aufgehobeneBeförderung liefern,wie zB.
den Satz: Er wurde aus politischenGründenmehrmals von der Beförderung zurückgestellt.
48Fragebogen vom8.2.1947, S.80ff, aaO. Fußnote 14.
49 Am 6. März 1943 wurde die 6. Armee aus der in Südrussland kämpfenden Armeeabteilung Hol-
lidt bei der neuen Heeresgruppe Süd neu aufgestellt. Sie hielt zunächst Linien am Mius und mus-
ste sich im Herbst 1943 aus dem Donezbecken an den Dnepr zurückziehen. Hier hielt sie bis An-
fang 1944 einen Brückenkopf bei Nikopol, den sie im Februar räumen musste. Sie zog sich hinter
den Ingulez und später hinter den Bug in das rumänische Besatzungsgebiet Transnistrien zurück .
http://de.wikipedia.org/wiki/6._Armee_(Wehrmacht), Zugriff 17.3.2015.
50http://de.wikipedia.org/wiki/Dnepr-Karpaten-Operation, Zugriff 17.3.2015.
51GutachtenDr. Stockhausen, StaatsarchivNürnberg, SpruchkammerNürnberg II, B-315.
52 Die Rote Armee stieß auf der 200 km breiten Front bis zu 140 km vor, zerschlug acht deutsche
Divisionen (diese verloren 50% ihresPersonals und fast die gesamteTechnik) und erreichte günstigePo-
sitionen für die Odessaer Operation. http://de.wikipedia.org/wiki/Dnepr-Karpaten-Operation, Zugriff
17.3.2015.Wenn es sich bei der väterlichen Erzählung um diesen Vorstoß handelte, dann fanden diese
Ereignisse imZeitraum 16.-18.3.1944 statt, möglicherweise aber schon am 29.2.1944 bei einer ähnlichen
Einkesselung an einer anderen Stelle des Inhulez.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427