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116 KAPITEL2. KINDHEIT
tiklehrer pädagogische Hinweise geben. Zu diesen gehört vor allem der Hinweis auf die
Reduzierung der Tripel auf 50 infolge der Kommutativität derMultiplikation. Zum an-
deren gehört zu jedemTraining auch eine Trainingsmethode, mit derman das Training
absolviert.Als erstesmüßtederLehrer alsoversuchen, denSchülernmöglichst individuell
dieseMethode beizubringen, was sich bei 38 Schülern verständlicherweise verbietet. Be-
standteil einer solchenMethode könnte im vorliegenden Fall beispielsweise die separate
Einübung der Reihen je Faktor wie beispielsweise 9, 18, 27, 36 etc. zumFaktor 9
am effektivsten sein. An derartige Hinweise kann ichmich jedoch nicht erinnern und sie
wurden wohl auch nicht gegeben. Es ging wie auch sonst in unserer Gesellschaft bis
heute bevorzugt einfach um die unreflektierte hoheWertschätzung der Fähigkeit zu
Reflexen undderenVorrang vor den unterschätztenReflexionen, in derMathematik eine
besonders fatale Fehleinschätzung, auch in einemRealgymnasium. VomEinmaleins für
Faktoren über 10 ist in meinemKopf auch nichts zurückgeblieben und ich habe diesen
Mangel in keiner Situationmeines Lebens als solchen verspürenmüssen.
DiesekritischeEinstellungzueinemAspektdesdamaligenMathematikunterrichtswur-
de etwasweiter ausgeführt,weil sie vonallgemeinererBedeutung ist undauchandereFä-
cher (zB. SprachenmitVokabellernen) sowiedieBewertungvon schülerischenLeistungen
betrifft und auch heute ihre Aktualität noch nicht verloren hat. Wir wissen, daß un-
ser Intellekt zu sehr unterschiedlichen funktionellen Leistungen fähig ist. Die assoziative
Erinnerungsfunktion ist nur eine davon. Bei unterschiedlichenMenschen ist eine solche
Funktion unterschiedlich leistungsfähig. Die Leistung kann sogar zusätzlich je nach Pa-
rameterbereichen (Zahlen,Vokabeln etc.) variieren.Konkret heißt das beispielsweise, daß
SchülerA sich spielendPaarewie (17×13,221) einprägenkann,währendSchülerBhier-
zu größte Schwierigkeiten habenmag.Esmacht aus verschiedenenGründen Sinn,Aund
B auf diese individuellen psychometrischen Besonderheiten bzgl. einer solchen Funktion
hinzuweisen.Es ist jedochhöchst fragwürdig, einen solchenUnterschied in irgendeineArt
vonallgemeinerundquantitativerQualitätsbewertungvonAundB inwillkürlicherForm
einzubringen,wasmit derBenotung ja tatsächlich geschieht.
Natürlichmöchte ichmit dieser Fachkritik dasAnsehen unseres damaligenMathema-
tiklehrers in keinerWeise beschädigen, der ansonsten bei uns durchaus nicht unbeliebt
war.118Vor allem führte auch beimir dieserAspekt desUnterrichts keineswegs zuNoten
118Vorausgesetztdie angenommene IdentitätdiesesLehrers stimmt,wiemirvonHansReichingerbestä-
tigtwurde,dannfindet sicheinebesondersamüsanteWürdigungdiesesMathematiklehrersaufdenSeiten
68f in der folgendenVeröffentlichung:Willstädter-GymnasiumNürnberg (Hrsg.), 150 JahreWillstädter-
Gymnasium Festschrift, 2014.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427