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118 KAPITEL2. KINDHEIT
als mehr oder weniger große subjektive Störung empfunden wird. Dies macht vielleicht
verständlich, warum sich der Redner über ein Grinsen ärgert, das überhaupt nicht zu
seinemaktuellGesagten paßt.Der/die Leser|in sei darauf hingewiesen, daß sich dahinter
wieder die allgemein verbreitete falsche Einstellung verbirgt, dem rein Reflexhaften den
Vorrang zuzumessen; denn einZuhören, dasdieRedewie eineBerieselungüber sich erge-
hen läßt, besteht ebenaus reinenReflexen,die zunichtsweiter führen.Der reflektierende,
nachdenkende Zuhörer ist allemal derwünschenswertere.
Insgesamt verliefen die ersten zwei Jahre imGymnasium aber ohne besondere weitere
Vorkommnisse.Meine Noten waren imDurchschnitt immer noch gut . Zur Schule ging
es bei Vormittagsunterricht morgens mit der Straßenbahn Linie 3 um 7:24 Uhr inMö-
geldorf los,mitUmstieg amHauptbahnhof zumRathenauplatz und von dort zuFuß zur
Schule. Leider ging von der damaligen Haltestelle Milchhof keine direkte Verbindung
auf der von dort viel kürzeren Strecke zu unserer Schule. Meine Schwester hatte einen
noch etwasweiterenWeg undmußte daher schon 10min früher los. Da inmeiner Straße
auch dieKlassenkameradenPeterMolter undGünter Neumannwohnten, wuchs auf der
gemeinsamen Strecke ein Freundschaftsbund heran, in dem sowohl auf demSchulweg als
auch inunsererFreizeitEiniges gemeinsamunternommenwurde.120Dabeiwuchsmir der
Spitzname Gnagflow Wolfgang rückwärts zu, wasman fränkisch ausgesprochen
durchaus auch als Knackfloh interpretieren konnte.
Zu jener Zeit gab es zumRealgymnasium eine Filiale in Gräfenberg,121 in der die er-
stenbeidenGymnasialklassen in je einerAbteilungunterrichtetwurden.Die erfolgreichen
Schüler der zweitenKlassemußten für die dritteKlasse dannauf die vorhandenenAbtei-
lungen 3a 3d amHauptstandort inNürnberg aufgeteiltwerden.Dadurchwurde zur drit-
tenKlasse eine größere Umschichtung der Schüler zwischen den vier Abteilungen nötig.
Mutmaßlich nur aus organisatorischen Gründen wurde zudem versucht, zwei konfessio-
nell unvermischte Abteilungen (3a, 3b, evangelisch) zu bilden. Aus diesenGründen kam
ich mit einer Reihe von Schülern (einschließlich meiner beiden genannten Freunde) aus
derKlasse 2c imdritten Schuljahr in dieKlasse 3bmit insgesamt 32 Schülern, unter de-
nen keineMädchenmehrwaren.122 In diesemVerband bliebenwir dann bis zumAbitur
zusammen,wennman von individuellen Zu- undAbgängen absieht.
Die Identität von Gruppen und die Identifizierung mit ihnen wächst mit der Dauer
und der Intensität der Bindungen. Auch sind die persönlichenBindungen unterKindern
noch recht oberflächlich und flüchtig. Für mich war im Alter von 12 Jahren das inzwi-
120FAWB2, S.48.
121Willstädter-GymnasiumNürnberg (Hrsg.), 150 JahreWillstädter-Gymnasium Festschrift, 2014.
122FAWB2, S.57.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427