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2.5. BEGINNDERGYMNASIALZEIT 123
nach dem Unterricht viel Spaß miteinander gehabt. Beispielsweise sind wir bei Schnee
imWinter auf demWeg zur Straßenbahn gerne zumLaufertorgraben gestapft und dort
auf unseren Büchertaschen quasi als Schlitten den Graben hinuntergerodelt. So gesche-
hen dummerweise auch nach dem Erhalt desWinterzeugnisses. Welches Entsetzen, als
dieFolgendavon zuHause ansTageslicht kamen: der geschmolzene, indieTasche gelang-
te Schnee hatte das Zeugnis fast unlesbar gemacht.Wohl aus diesemGrunde fehlt das
entsprechendeBlatt heute inmeiner Zeugnissammlung.
Bei allerFreundschaft gibt es gleichwohlunterKameradendanndochaucheinmalZoff.
DieGründe habe ich zwar vergessen, nicht aber die Folgen eines StreitesmitHans-Peter
Dorlöchter.Wir vereinbarten, ihn quasi in Form einesRingkampfes nach demUnterricht
auszutragen. Nördlich unserer Schulgebäude lag noch viele Jahre die Ruine der Egidien-
kirche und um sie herum infolge der Zerstörung verstreute Sandsteinquader.Wir beide,
gefolgt vonweiterenKameraden, suchtenuns zwischendiesenQuadern einpassendesGe-
lände aus und begannen vor den Kameraden ein unerbittliches Raufenmiteinander. Er
warmir kräftemäßig zwar deutlich überlegen, ich aber wehrtemich verbissen, sodaß ich
mich nichtwirklich alsVerlierer vomPlatz schleichenmußte.
Streit gabesgelegentlichauchmitmeinemFreundPeterMolter.Dawir jadengleichen
Heimweg hatten, weil er in einemHaus 50mnach unserem auf der anderen Straßenseite
wohnte, ergab sich dann in einer solchen Phase die skurrile Situation, daß wir von der
StraßenbahnausnachHause trotteten, er auf der rechtenStraßenseite, ich auf der linken,
wobei wir unsmöglichst keinesBlickeswürdigten.
Einer meiner oben bereits erwähntenKameraden, GerhardGleißner (genannt Base )
verlor in dieser Zeit seinen Vater, was mich damals tief berührt hatte. Wenn ich mich
recht entsinne, vertrat ichmit anderen bei derBeerdigung unsereKlassemit einemBlu-
mengebinde. Ich bin irgendwann in jener Zeit für einige Jahre zumKlassensprecher für
unsereKlassegewähltworden,habedengenauerenZeitraumabervergessen.126Aufdieser
Beerdigungwar ich aber sicher nicht nur aus repräsentativenGründen, sondern auch aus
echtemMitgefühlmit einem tief unglücklichenKameraden.
Ein anderer Schicksalsschlag traf unseren Kameraden Klaus Kriegel. Er erkrankte an
Kinderlähmung, die ihn schwer und für immer schädigte, was uns alle tief erschütterte.
Er kamdeshalb nach der Erkrankung auch niemehr in unsereKlasse zurück. Erstaunli-
cherweise hat er es doch zu hohemAnsehen, nämlich zumRichteramt geschafft.
Diese kurzen anektodischen Erzählungen dürften unsere gute Klassenkameradschaft
sowie den erfolgreich überstandenenUnterricht erkennen lassen. Auchwenn ich in einer
126DieseTätigkeitwird nur imJahreszeugnis für das Schuljahr 1952/1953 explizit und lobend erwähnt.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427