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128 KAPITEL2. KINDHEIT
val Strings Lucerne, das bis zum heutigen Tag Bestand hat. Zudem gründete Horváth
1955dasHorváth-Quartett und trat neben seiner langjährigenTätigkeit alsProfessor am
Konservatorium überdies als gefragter Solist bei den Nürnberger Symphonikern auf.129
Geigerischwar ichdaher unversehens, aber nicht zufällig, in allerbesteHände gekommen.
Ich verblieb Horváths Schüler für mehr als ein halbes Dutzend Jahre, in etwa bis zum
Abitur.
DieGeige ist,wiegesagt, ein schwieriges Instrument.Esmußmitder linkenHandsoam
Hals balanciert werden, daß gleichwohl die linkeHand, Arm, Schulter undRückenpartie
völlig entspannt bleiben. Das Gleiche gilt völlig unabhängig davon für die rechte Hand,
Arm, Schulter und Rückenpartie. Jegliche Verspannung an irgendeiner Stelle behindert
dieBeweglichkeit der zurTonerzeugung erforderlichenGlieder. Leider ist das viel leichter
gesagt als getan. Wer sich diese Fähigkeiten in langen Jahren angeeignet hat, vergißt
darüber meist, wie er dazu gekommen ist und worauf sein Können beruht. Zudem ist
das Unterrichten von derartigen Fähigkeiten naturgemäß ohnehin eine bis heute sehr
schwierige Angelegenheit, weil sie sich bis zu einem gewissen Grad der Verbalisierung
entzieht. Vorspielen, versuchen zu imitieren, korrigieren usw. sind die hierbei üblichen
Standardtechniken. In jedemFall waren ausgefeiltereMethoden zu jener Zeit noch nicht
Bestandteil derGeigenpädagogik.
Ich hatte schon auf S.111 darauf hingewiesen, daßmein ersterGeigenunterricht durch
mangelhafteAnleitung zu falschenHaltungen in den genanntenKörperbereichen geführt
hat,aufgrunddererVerspannungenunausweichlichwaren.DieFortsetzungdesUnterrichts
wardeshalbdurch einvonvornehereinvorhandenesHandicapbelastet.HerrHorváthwar
indieserHinsichtausdensoebengenanntenGründenpädagogischundphysiologischnicht
versiert genug, den tieferenGrund dieser Probleme zu erfassen bzw. einMittel zu deren
Überwindung verfügbar zu haben.Meine diesbezüglichen Verspannungen wurden daher
imVerlauf seinesUnterrichts nichtwirklich beseitigt, sondern höchstens überspielt.Man
kann ihmdas auf keinen Fall zumVorwurfmachen. Er konnte hervorragend geigen, nur
war ihm selbst nicht imEinzelnen bewußt, warum das bei ihm bestens klappte und bei
mir als seinemSchüler nicht.
Ich erwähne all dies nur, ummich quasi dafür zu entschuldigen, daß ich trotz eines
vondaanüberviele Jahrewirklichhervorragendenbis exzellentenUnterrichtsmichnicht
zu einemherausragendenGeiger entwickelt habe. Eswar vorher zu viel versaut worden
und die kompetenteUnterrichtung setzte dann zu spät, nämlich erst nach der Pubertät,
129http://www.nordbayern.de/kultur/musiker-aus-passion-1.1065216, Zugriff 25.8.2015.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427