Page - 177 - in Reflexionen vor Reflexen - Memoiren eines Forschers
Image of the Page - 177 -
Text of the Page - 177 -
3.2. JUGENDZEIT 177
AusstattungundderMöglichkeit zurVerdunkelunghergerichtet.Alles in diesem Labor
warangesichts sehrbeschränkterfinanziellerMöglichkeitenrechtprimitiv.Gleichwohlwar
es fürmich einbeeindruckendesErlebnis,Photopapier durch einenFilmzubelichtenund
danach auf demnochweißenPapier das langsameAuftauchen eines Bildes in der Schale
mitderEntwicklungsflüssigkeit zuerleben.KeinPhysik-oderChemieunterrichtkonntean
denaußerordentlichenLerneffekt herankommen, dendieses selbständigeExperimentieren
erzielte. In dieser Art von autonom und alles andere als oberflächlich betriebenenAkti-
vitäten sehe ich dieWurzel meiner späteren Erfolge in derWissenschaft. Sie bestärkten
mich zudem inmeiner Eigenständigkeit, unabhängig von Eltern, Lehrern, Klassenkame-
raden ua., was meine Rolle außerhalb des üblichen Schwarmverhaltens dann natürlich
entsprechend anspruchsvoller gestaltete.
Wiebereits im letztenAbschnitt erwähnt, habe ich inderSchuleStenographie erlernen
können. Das Vorbild meiner bei Gelegenheit maschinenschreibendenMutter überzeugte
mich davon, daß die Beherrschung auch dieser Fähigkeit unausweichlich sei. Ich belegte
daher einen weiteren Abendkurs für Maschinenschreiben, das ich dann ein Leben lang
nach demgängigen Systemgut beherrscht habe,worüber ich bis zu diesemMoment sehr
froh bin, in dem ich diese Zeilen tippe.
Mein in all diesenAktivitäten zumAusdruck gebrachterWille zumöglichst autonomer
Gestaltung meines Lebens mußte sich natürlich frühzeitig auch mit der Notwendigkeit
möglichst rascher Fortbewegung befassen. Deshalb legte ich schonmit 14 Jahren großen
Wert auf den Erwerb einesmöglichst guten Fahrrads, wovon ich imAbschnitt 2.5.2 be-
reits berichtet habe.Die fünfziger Jahre brachten uns dann denAufschwung derMotori-
sierung, von dessen ansteckendemFieber auchwir Jugendliche erfaßt wurden.Dameine
Mutter im Rahmen ihrer im Abschnitt 2.5.3 erwähnten Tätigkeit als Vermieterin eines
2-Familienhauses in Roth immer wieder einmal dort tätig werdenmußte und dies auch
mit Besuchen in ihremHeimatortGeorgensgmünd verband, entschloß sie sich zumKauf
einesMopeds,mutmaßlich ohnedasEinverständnis ihresMannes vorher zu erfragen.Für
ein Auto waren unsere Finanzen zu jener Zeit noch nicht üppig genug. Da ich mit 16
JahrenohnehinnochnichtAuto aber bereitsMopedohne jeglichePrüfung fahrendurfte,
war ich über diesenEntschluß höchst glücklich.DieWahl fiel auf dieVicky vonVictoria,
die damals als Deutschlands gelungenstesMoped galt.33
MeineMuttermachtemir natürlich nachdrücklichst klar, daß es sich um ihr undnicht
ummeinMoped handelte. Aber welcheMutter kann schon ihrem Sohn Bitten abschla-
gen?! So erschloß sich für mich die neue und faszinierendeWelt der motorisierten Be-
33http://www.klassik-fahrzeug-service.de/victoria.html, Zugriff 28.10.2015.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427