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3.5. STUDIUM 223
ben konnte. Nach einigenMetern schob ich den Schalthebel dann in den zweitenGang,
wodurch der Motor meist ansprang, und ließ mich schließlich in den fahrendenWagen
fallen. Weil dies mit der Zeit doch sehr nervig wurde, annoncierte ich den Wagen im
Frühjahr 1959 an der Erlanger Uni, fand einen Interessenten aus Bamberg, der jedoch
auf einer vorherigenTestfahrt vonBamberg nachErlangen bestand. Ich fuhr also zu sei-
nerWohnung inBamberg, um ihn und seineVerlobte zu derTestfahrt abzuholen.Dabei
mußte ich nervös auf diemöglichst schnelle Abfahrt drängen, weil sich die Batterie ja in
relativ kurzer Zeit wieder entladen konnte.Wir stiegen ein und hurra derWagen
sprang sofort an und fuhr problemlos nach Erlangen, wo der Kauf perfekt gemacht und
die Kaufsumme von wohl wieder 450DMbar übergeben wurde. Ich war das Sorgenkind
ohne den befürchteten dramatischenVerlustwieder los.
Natürlich kam prompt am nächstenMorgen der empörte Anruf des neuen Besitzers,
weil seinWagen für ihn verständlicherweise völlig überraschend nicht anspringen
wollte. Mein schlechtes Gewissen hielt sich in Grenzen, weil ich ja vom Vorbesitzer in
gleicher Weise selbst gelinkt worden war. Wie mir die Überwindung des TÜVs oblag
meinemNachfolger nun die Sanierung der Elektrik, die Lasten irgendwie ja dann doch
nicht ganz unfair verteilt. Gleichwohl war dies ein Tiefpunktmeines ethischenHandelns
in diesemLeben; dennwas konnte der neueBesitzer dafür, daßmichmeinVorgänger so
hintergangenhatte?AlsVersucheinerEntschuldigungkönnteman insFeld führen,daßes
für den jungenWolfgangdabei umdenEinsatz seines gesamtendamaligenKapitals ging,
das bei mehr Ehrlichkeit einfach dahingewesen wäre. Denn wer würde schon ein Auto
kaufen, das amMorgen grundsätzlich nicht anspringenwill?!
AmBeginn dieses Teilabschnitts habe ich von zwei Hürden gesprochen, die vor dem
BeginndesStudiumszuüberwindenwaren.DieeineHürdehabenwirbislangbesprochen,
die in der Ableistung eines Teils des erforderlichen Industriepraktikums bestand und in
meinem Fall direkt in das Abenteuer eines Autokaufs mündete. Als zweite Hürde hatte
ich dieVermeidung einer Einberufung zumMilitär genannt.
MitdemErlaßdesWehrpflichtgesetzesvom7.7.1956134begannnachdemKriegerstmals
derWiederaufbaueinesHeeresunddamit für jungeMännerdieVerpflichtungWehrdienst
zu leisten. ImAbschnitt 3.2 war daher bereits vonmeinerMusterung im Jahr 1956 die
Rede. Da der Ausbau der Infrastruktur für die Bundeswehr einige Zeit benötigte, kam
die Einberufung der ersten Jahrgänge, zu denen auch ich gehörte, nur schleppend voran.
Es drohte fürmich jedoch die besonders unerfreuliche Entwicklung, daß ich etwa ein Se-
mester Studium absolvierte und dann für 12Monate das Studium gleich wieder für die
134https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Bundeswehr#Wehrverfassung_und_Wehrgesetze
_nach_1955, Zugriff 25.2.2016.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427