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254 KAPITEL3. ZIELSUCHE
bißchen die Rolle der Ersatzmutter übernahm, aber auch immer noch zu Bauers nach
Bayreuth oder zumeinenVerwandten inGeorgensgmünd und vor allem natürlich so oft
wiemöglich zu intimen und gesellschaftlichen ZusammenkünftenmitChristiane.221 1962
spielte ich imRahmeneines solchenBesuchs inNürnbergsogarzurOrgeldieGeigeaufder
Hochzeit inderMögeldorferKirchevonHedwig, der langjährigenFreundinvonAnnelore.
InMünchen führte ich nebenmeinen studentischen undmusikalischen Kontakten ge-
sellschaftlich eher ein zurückgezogenes Leben. Besuche von Konzerten und Opern, für
die es immerbillige Studentenkarten gab,waren aber regelmäßig aufmeinemProgramm.
Beispielsweise erinnere ichmich noch an eines der allerletztenKonzertemit dem großen
HansKnappertsbusch,222 bei demer (mutmaßlich zusammenmit denMünchnerPhilhar-
monikern) ua. eine große Bruckner-Symphonie im Herkulessaal der Residenz dirigierte.
Ich hatte imüberfüllten Saal einen Stehplatz auf derEmpore undwar dortwie festgena-
gelt und gebannt vonder unglaublichenSuggestion, die dieserMagier aus demOrchester
zu holen in der Lagewar.
Weiter oben hatte ich schon von der sich seit 1961 entwickelndenBeziehungmitChri-
stiane berichtet. Siewar derGrunddafür, daß sichKontakte zuFrauen in den darauffol-
gendenJahren in engstenGrenzenhielten.EinederAusnahmenwarMariaObergrußber-
ger, die amBeginnmeinerMünchener Zeit inmeiner Nachbarschaft wohnte und der ich
danneinesTagesbeimSpazierengehenbegegnete.Siehatte entsagungsvolleJahre ineiner
Klosterschule hinter sich undwar hungrig nach sexueller Liebe, sodaß siemich nach eini-
gen Treffen dazu brachte, ihr erster Liebhaber zu werden. Es geschah im nahegelegenen
Wald, weil unsere Vermieter peinlich auf demUnterbleiben von Besuchern des anderen
Geschlechts bestanden. Damals gab es ja noch ein Gesetz, das Vermieter durch solche
Besuche indieGefahr derAnklagewegenKuppelei bringenkonnte.Auchwennwir beide
uns Jahre später 1966 noch einmal intim begegneten, warmir undwohl auch ihr
klar, daßwir nichtwirklich zueinander paßten.
Auch ist es vorgekommen, daß ichmich doch einmal zu einer Tanzveranstaltung auf-
raffte. Sobeispielsweise imFasching1963, als ich zueinemdergroßenundbeliebtenBälle
imBayerischenHof ging, einfach umwieder einmal unter Leute zu kommen.Dort lernte
ich ein hübsches und liebenswertesMädchen kennen, mit der ich dann bis nachMitter-
nacht den Ball gemeinsam erlebte.223 Gebunden durch Christiane wie ich mich fühlte,
verabschiedete ichmich dann zu ihremVerdruß noch lange vor demEnde desBalles auf
Nimmerwiedersehen von ihr. Sie hatte sich den Ausklang der Nacht offensichtlich ganz
221FAWB3, S.55.
222https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Knappertsbusch, Zugriff 23.3.2016.
223FAWB3, S.55.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427