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3.5. STUDIUM 255
anders vorgestellt. Ich aber wollte tagsdarauf weiter arbeiten und ließ mir diese Gele-
genheit ohne Bedauern entgehen. In erotischen Erfahrungen war ich ja noch immer ein
vergleichsweise unbeschriebenesBlatt.
InnerhalbMünchens bewegte ichmich in jenen Jahren überwiegendmit demFahrrad,
wasmir einmal nicht allzu gut bekommen ist. Denn ich fuhr aufmeiner Standardstrecke
auf der Arnulfstraße stadtauswärts, reihtemich zumAbbiegen in RichtungDonnersber-
gerbrücke auf dieLinksabbiegerspur ein.Auf derHöhederStraßenecke, alsonochvorder
Kreuzungsfläche donnerte ein PKW von hinten auf mein Fahrrad. Durch den enormen
Impuls schleuderten das Fahrradmitmirmehr als 10mweit über die Kreuzung hinweg.
VomSkifahren her hattemeinKörper gelernt geschickt zu fallen.Gleichwohl knallte der
Kopf schließlich auf das harte Pflaster und begann heftig zu bluten. Der von Passanten
herbeigerufene Krankenwagen fuhrmich ins Krankenhaus der Barmherzigen Brüder am
Romanplatz,wodieKopfplatzwunde genäht und eineGehirnerschütterungdiagnostiziert
wurde. Insgesamt hatte ich dabei aber unglaublichesGlück, da bei einem etwas anderen
Aufprall auf demPflaster die Folgen ganz andere hätten sein können. Da ichmich ord-
nungsgemäß auf der Abbiegerspur befunden hatte, der Autofahrer dagegen gerade aus
fahren wollte, sich also auf der falschen Spur befand und überdies grundlos von hinten
auffuhr, lagdieSchuld eindeutigbei ihm,wasunmittelbarnachdemUnfall vondemkrei-
debleichen Autofahrer auch sofort zugegeben wurde. Bei der (wegen Personenschadens
erforderlichen) Gerichtsverhandlung wollte er sich dann aber an sein damaliges Einge-
ständnis nicht mehr erinnern, wie es Menschen eben leider tun. Eine kleine finanzielle
Entschädigungwurdemir aber dennoch zugesprochen.
Ansonsten fuhr ich ja immer noch und noch lange danach meinen VW, der
mir nur einmal im kältesten Winter 1962/63 der letzten 50 Jahre bei morgens minus
30◦C den Dienst versagte, weil das Getriebeöl in der Kälte so zäh geworden war, daß
die Batterie nicht mehr die nötige Kraft aufbringen konnte, denMotor anzuschmeißen.
Mit demWagenwar ichbeweglich genug, umzumAusspannenkurzeAusflüge oder auch
Reisen zuunternehmen. ImSommer fuhr ichbeispielsweise einigeMale inswunderschöne
Studentenbad am Starnberger See. Zunehmend war mir aber die dort stark vertretene
Klientel vonStudenten zuwider, die ihreZeit überwiegendmit oberflächlichemGeplänkel
recht ziellos verbrachten. Bemerkenswerter ist vielleicht eine Tagestour ins Reintal bei
Garmisch im Sommer 1963, bei deren Rückfahrt ich ausnahmsweise einen Anhalter mit
nachMünchen nahm. Er erwies sich als ein Schüler des Philosophieprofessors Reinhard
Lauth, sodaß sich auf dieser Fahrt ein nachhaltigesGespräch entwickelte.224
224TBI, S.70ff.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427