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3.5. STUDIUM 269
könnte.261AuchwarereinwunderbarerMensch,den ichsehrverehrte.EineGeigenstunde
bei ihm dauerte nicht wie üblich 45 oder 60Minuten, sondern so lange wie es ihm als
sinnvoll erschien, jedenfalls immermehrere Stunden. Ich habe von solchen Stunden bei
ihm relativ zu den früheren wöchentlichen Stunden nicht allzu viele bekommen, auch
weil eine solche erinnerte 60DM kostete. In den über einige Jahre bei ihm genossenen
Stunden konnte ich aber tiefer in die Kunst des Geigens eindringen als je zuvor. Neben
Mozart-Violin-Konzertenstudierte ichmit ihmua.einigederBachschenSolo-Sonatenund
Partiten ein, vor allemdie großartigePartitaNr.3E-dur, BWV1006.
Mein größtes Geigeridol jedoch verkörperte der weltberühmte Henryk Szeryng.262 Ihn
konnte ich in jener Zeit in einemKonzert in Konstanz hautnah von der allerersten Zu-
schauerreihe aus erleben. Später hatte ich Gelegenheit, einen eintägigen Kurs bei ihm
zu besuchen. Er war dabei aber so sehr von den weiblichen Teilnehmerinnen eingenom-
men, daß mein persönlicher Kontakt zu ihm nur spärlich blieb und sich auf eine kurze
Diskussion überVor- undNachteile derVerwendung von Schulterstützen beschränkte.
Ab1966bekamichvonSchüttesderenKlavier fürmeinApartmentgeliehen.Vondaan
kamzumir in einigerRegelmäßigkeit einKommilitone und sehr guter Pianist,Wolfgang
Leyendecker, ummitmir vieleViolinsonaten vonMozart, Beethoven etc. einzustudieren.
Wie bereits in den Jahren davor nutzte ich weiterhin ausgiebigst das überreiche Kul-
turangebot inMünchen.Währendder jährlich stattfindendenMünchenerOpernfestspiele
durfte ich großartige Opernaufführungen unter StardirigentenwieKarl Böhm oder Her-
bert vonKarajan und vieleKonzerte erleben.Gelegentlich genoß ich auch Jazz-Abende,
beispielsweise imDomicile inSchwabing. Ichwohnteum1968aucheinemderersten,wenn
nicht dem erstenAuftritt vonKonstantinWecker in Schwabing bei, war aber von seinen
amKlavier selbst begleiteten Liedern wegen der von mir empfundenen Effekthascherei
nicht so begeistertwie vor allemdiemeisten der imLokal anwesendenDamen.
Nach diesenErzählungen zumeinenmusikalischenAktivitäten nun zumeinem sonsti-
gen Leben in der Promotionszeit. So hielt ich selbstverständlich weiterhin regelmäßigen
Kontakt zumeinemVater. AmEnde des Abschnitts 3.4 habe ich von demGlück eines
verständnisvollenVaters gesprochen.Erüberließ esvollkommenmeinemeigenenGutdün-
ken, den für mich richtigenWeg zu finden263 und finanzierte meine Ausbildung bis ins
Jahr 1964. Selbst die für ihn sicher schwer verständliche Entscheidung, meine Assisten-
261TBIII, S.83.Rétyi bewohnte in der Zeitmeiner Stundenbei ihmdreiWohnungen, die erste inNym-
phenburg (Johann-von-Werth-Straße 4/III), die zweite in Trudering und die dritte in Kaufbeuren, von
wo er nachmeiner Zeit dann auch baldwiederwegzog.
262https://de.wikipedia.org/wiki/Henryk_Szeryng, Zugriff 19.4.2016. TBI, S.130.
263TBIII, S.20ff.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427