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270 KAPITEL3. ZIELSUCHE
tenstelle in Köln 1966 aufzukündigen, trug er ohne erschwerende elterlicheKommentare
voll mit. Auf diesen Erfahrungen gründetmeine tiefempfundeneDankbarkeit gegenüber
meinenbeidenElterngleichermaßen,denen ichausdiesemGrundediesesBuchgerneund
vonHerzen gewidmet habe.
Mit diesenBemerkungenmöchte ich dieRollemeinerEltern natürlich nicht verklären.
Somanches hätte sich ihr Sohn gerne anders gewünscht. Beispielsweise warmein Vater
bei seiner finanziellen Unterstützungmeines Studiums ohneNot nicht allzu freigebig.264
NachMutters Tod gelang es ihm nichtmehr, seine persönliche Lebensbahn in einer sei-
nemAlter und seiner Lebenserfahrung gemäßenWeise zu steuern.Wie imAbschnitt 3.4
berichtet, erlitt er zwei Jahre nach diesem Schlag seinen ersten Herzinfarkt, erschwerte
sichdennochseinLebendanachdurcheinezweiteHeirat,265die ihmersichtlichüberhaupt
nicht förderlich war. Vor dieser Hochzeit überschrieb er den elterlichen Grundbesitz an
seine beiden Kinder. Leider blieb bei dieser Überschreibung die Rolle eines großväterli-
chenVermächtnisses anunsKinderunerwähntunddamitungeklärt.Dies erfordertenach
seinemTode 1967 juristischeAnalysen und entsprechendenBeistand. DerAnwalt seiner
zweiten FrauMartha vertrat dabei die konträre Ansicht zu der des Anwalts derKinder.
DadieVermächtnisse imGrundbuchgesichert,beiderÜberschreibungabernichterwähnt
worden waren, konnteman juristischmit Fug undRecht wohl beliebige, also auch kon-
träre Ansichten vertreten. Ich wollte es unter diesen Umständen nicht auf einen Prozeß
ankommen lassen, bei demauch einRichtermutmaßlich gewürfelt hätte, undüberredete
meineSchwester, auf denAnspruch schlichtundeinfach zuverzichten.Nichtnur indieser
Hinsicht verhielt sichMartha, für die diese zweijährige Ehe imHinblick auf ihre Lebens-
sicherung in jedem Fall ein großer Gewinn war und der ein analoges Entgegenkommen
mitdemErgebnis einesKompromissesaufhalbemWegedahernicht schlechtangestanden
hätte,nichtallzu freundlich,umesdiplomatischauszudrücken.Beispielsweise ließ sieauch
vielemeiner imSpeicher desElternhauses lagerndenUnterlagen ohnemich zu kontaktie-
ren einfach entsorgen, von persönlichenGegenständenmeiner Eltern ganz zu schweigen,
die den auswärts wohnenden Kindern einfach vorenthalten wurden. Ich für meinen Teil
habe aus diesenErfahrungendie entsprechendeKonsequenz gezogenundnachdiesenun-
erfreulichen Vorkommnissen keinerlei Kontaktemehr zuMartha unterhalten. Es ist mir
auch gelungen, sie aus demGrabmeiner beiden Eltern fernzuhalten. Letztlich hatte all
diesenSchlamasselmirmeinVater eingebrockt.Aber leider ist unser allerLebenswegvon
Fehlernmehr oderweniger nur so gepflastert.
264TBI, S.146f.
265TBI, S.176f.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427