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296 KAPITEL4. FORSCHERLEBEN
partmenterfahren.Büchihatte seinVersprechengehaltenundmein Interesseüber irgend-
welcheKanäle an dieWSUweitergeleitet. HerrWechsler berichtete davon, daß dieWSU
gerade dabei wäre, ihr Computer Science Program deutlich zu erweitern, und ermun-
terte mich zu einer Bewerbung. Stolz erwähnte er auch den 1MB Speicher des dortigen
IBM-Rechners,was für heutigemitTerabytes verwöhnteNerds völlig unvorstellbar
damals in derTat eine beachtlicheGröße darstellte.
Mit Schreiben vom 11.2.1970 sandte ich ihm den erbetenen ausgefüllten Bewerbungs-
bogenundbeschriebmeineMotivation für einen einjährigenAufenthalt.Dabei beschrieb
ichmein Interessengebiet als Artificial Intelligence , speziell theoremproving (Automa-
tisches Beweisen). Ein dreiviertel Jahr nachmeinemEinstieg in die Informatik hatte ich
mich fachlich bereits eindeutig auf dieseRichtung festgelegt, die vonAnfang an fürmein
Interesse an derTUMausschlaggebendwar.
In einemaußerordentlich freundlichenweiterenAustauschvonBriefenmachtemirHerr
Wechsler klar, daß sie mich eigentlich für eine längerfristige Anstellung haben wollten,
um den Aufbau des Studienprogramms Informatik nachhaltig vorantreiben zu können,
während ich klarstellte, daß ich nur für ein Studienjahr dort arbeitenwollte. Gleichwohl
erhielt ich mit Schreiben vom 21.4.1970 aufgrund von befürwortenden Gutachten von
Friedrich L. Bauer und Hans Langmaack ein Angebot als Visiting Assistant Professor
für die Zeit September 1970 bis Juni 1971, das mit $14.000 dotiert war. Der Kurs des
US Dollars stand 1970 bei 4 DM, während die Lebenshaltungskosten in DM gerechnet
in denUSAnicht viel höher waren als in Deutschland. Das ergab einMonatsgehalt von
5.600DM,welches zudemaufgrundvonAbkommen zwischenDeutschlandunddenUSA
für mich steuerfrei war. Auch wenn der Kurs im Verlauf des Aufenthalts auf 3,50 DM
fiel, war das ein mindestens dreifaches Gehalt im Vergleich mit dem an der TUM, was
meine Entscheidung sehr leicht machte. Dabei war mir völlig klar, daß die WSU kein
besonders hohes akademisches Ansehen aufweisen konnte, Detroit alles andere als eine
reizvolleStadtwarund ichdortvorallemzumAufbaueinesStudienprogrammseingesetzt
werdenwürde.MitSchreibenvom27.4.1970nahm ichdasAngebot an.VonmeinerStelle
an der TUMwurde ich für diese 10Monate beurlaubt und auch Jutta erhielt für diese
Zeit eineBeurlaubung von ihrer Studienratsstelle.
Da dieVermietung einermöbliertenWohnung für eine beschränkte Zeit damals so gut
wie nicht inFrage kamundnicht zuletzt auch imHinblick auf unsereBauabsichten kün-
digtenwirunsere schöneWohnungzum31.7.1970,dieder schonmehrfacherwähnteKlaus
Lindnermit seiner FrauEvelyn nur zu gerne übernahm, der kurz vorher in unserer alten
Mögeldorfer Kirche geheiratet hatte. Stattdessen mieteten wir im gleichen Haus einen
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427