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4.1. QUALIFIZIERUNGALSWISSENSCHAFTLER 303
einen in England laufenden Poststreik, erreichtemeinAbstrakt sein Ziel so spät, daß er
aus diesemGrunde abgelehntwurde.38
Ohne helfende Anleitung durch einen erfahrenen Professor, eine führende Institution
im Briefkopf oder entsprechende Protektion hatte ein in derWissenschaft Namenloser,
wie ich es inder internationalen Informatikdamalsnochwar, einfachkeineChance, indie
inneren Zirkel vorzudringen und seineArbeiten aufwichtigenKonferenzen zu platzieren.
Deshalb gelang esmir erst auf der erstenJahrestagungderGesellschaft für Informatik im
Oktober 1971 die Ergebnissemeines erstenBeweisers öffentlich zumachen.39
EinHöhepunktmeiner wissenschaftlichenAktivitätenwar der Besuch des 3rdAnnual
ACM Symposium on Theory of Computing,40 das vom 3. 5.5.1971 in Shaker Heights,
Ohio, stattfand. Es erhielt seine historische Bedeutung durch den Vortrag von Stephen
Cook überThe Complexity of Theorem-Proving Procedures, in dem dieser das bis heute
ungelöste Fundamentalproblem P=NP? der Informatik erstmals formulierte. Der Sit-
zungsleiter zu diesem Vortrag war der schon im letzten Kapitel einmal genannte Juris
Hartmanis. Dessen Auftreten ebenso wie das vieler anderer Teilnehmer unterschied sich
so grundlegend von dem der deutschen Ordinarien, daß ich nicht nur von dem faszinie-
rendenVortragsinhalt sondern auch vonder voll auf die Inhalte fokussiertenHaltungder
Teilnehmer besonders tief beeindruckt wurde. Es berührt mich noch heute, bei diesem
wissenschaftshistorisch bedeutsamenEreignis dabei gewesen zu sein, bei demdas funda-
mentalste Problem der Informatik erstmals in der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der
Inhalt diesesVortrags, der sichüberdies aufmein gewähltes Spezialgebiet bezog, bestärk-
te mich in derWahl meines Spezialfaches und führte mir die allgemeine Bedeutung des
Theorembeweisens eindrucksvoll vorAugen.
Jutta gelang es nach längeremBemühen, an derUni imGermanistikDepartment eine
stundenweiseBeschäftigungalsDeutschlehrerinzubekommen.DennfürsiewardasLeben
in dem kärglich eingerichteten Apartment wahrhaftig nicht ausreichend attraktiv. Nur
in den Sommermonaten war die Anlage für sie ideal, weil vor allem Miriam das dort
vorhandene und denMietern zurVerfügung stehende Schwimmbad voll auskostete.Dort
38Mit Schreiben vom 25.2.1971 wandte ich mich an die British Computer Society mit der Bitte um
Informationen zudieserKonferenz, zu denen ich inDetroit keinenZuganghatte. Infolge eines durchden
PoststreikausgelöstenEmbargoskamderBriefwiederzurück.Derdannam11.3.71eingereichteAbstrakt
wurde postwendend am14.3. und dann nochmals am22.4.71wegenFristüberschreitung abgelehnt.
39Wolfgang Bibel, Ansatz zu einem systematischenmechanischenBeweisverfahren in der Prädikaten-
logik. Informatik'71, 1. Jahrestagung derGesellschaft für Informatik, S.56, 11. 14.Oktober 1971.
DerBeitrag findet sich inmeiner Schriftensammlung unterD23.
40Die ACM (Association for ComputingMachinery) ist eine angesehene internationale Organisation
zur Förderung der Informatik.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427