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318 KAPITEL4. FORSCHERLEBEN
te ichmichvomRestdes Instituts fachlich so isoliert, daß ichmich zu einerArtNachweis
meinerwissenschaftlichenExistenzberechtigunggegenübermeinenVorgesetztengedrängt
fühlte.Dazu lag esnahe zuversuchen, eine inhaltlicheBrücke zwischenderenundmeinen
Interessenbereichen zu bauen.
Bei der Suche nach Elementen für eine solche Brücke konnte ich angesichts der fach-
lichen Kluft nur außerhalb des Instituts fündig werden. Deshalb nutzte ich eine Reihe
von Gelegenheiten zum Besuch von Konferenzen, wo jeweils die neuesten Ansätze und
Ergebnissevon internationalenForschernpräsentiertwurden.Zudendrei bereits genann-
tenKonferenzen, auf denen ich selbst vorgetragenhatte, kamen in den Jahren 1971 1974
noch siebenweitere dazu.63
Ein entscheidendes Element für diesen Brückenbau fand ich vor allem auf dem 1971
in Laibach/Ljubjana stattfindenden IFIP Kongreß. Im Programm hieß die Sitzung 53:
ProgramConstruction and Verification. In jedem der vier Vorträge darin wurde die Be-
deutung von Beweisverfahren für die Programmierung herausgestellt. Vor allem der er-
ste Vortrag von BobConstablemit demTitelConstructiveMathematics and automatic
program writers faszinierte mich. Bob stellte darin seine Vision vor, mit automatischen
BeweisernProgrammezu synthetisieren, die erbis heutemitherausragendenErgebnissen
verfolgt hat. Das war das Baumaterial für die Brücke von meinen Beweisverfahren hin
zu den in unserem Institut zentralenThemenderProgrammierung undderAbarbeitung
vonProgrammen inderMaschine,wiemir sofort klarwurde.Darüber hinaushandelte es
sich dabei damals und genauso noch bis heute um eine für die Informatik funda-
mentale Fragestellung, an der eigentlich jeder Informatiker ein gewisses Interesse finden
müßte. Auch die anderen drei Vorträge in der Sitzung behandelten fürmich interessante
ThemenwieProgrammverifikationundProgrammtranslation, jeweilsmit einemBeweiser
als grundlegendemWerkzeug. Von da anwarmir die Zielrichtungmeiner Forschungsar-
beithin zurHabilitationklarvorAugen:WeiterentwicklungmeinesBeweisverfahrensund
dessenAnwendungen auf die Programmierung.
SchonConstablesVortrag alleinwar es wert, die Reise nach Laibach zu unternehmen.
Aber natürlich gab es dabei noch vieleweitere lohnenswerteEindrücke.Wir fuhren dort-
hin zu dritt und zwar mit den Kollegen Peter Deussen und Jürgen Eickel in meinem
Wagen. Allein diese Tatsache demonstriert sowohl mein ausgezeichnetes Verhältnis zu
den Kollegen an der TUM als auch die dienstliche Ebene der Kollegen, mit denen ich
63IFIP Congress, Ljubljana 1971; International Computing Symposium, Venedig 1972; 3. GI Jahres-
tagung, Hamburg 1973; AdvancedCourse on Semantics of Programming Languages, Saarbrücken 1974;
4. GI Jahrestagung, Berlin 1974; Algorithmen und Komplexitätstheorie, Oberwolfach 1974; IFIP Con-
gress, Stockholm, 1974.
Zu letzteremfinden sichBilder imFAWB5, S.15.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427