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4.2. KIETABLIERUNG 353
hatte ichmir inzwischen eine professionelle Kompetenz imVerfassen vonwissenschaftli-
chen Arbeiten erarbeitet. Durch regelmäßige Lektüre der politischenWochenzeitschrift
Newsweek ,108 verbundenmit dem Studium der darin verwendeten englischen Sprache,
hatte ich mir eine ebenso professionelle Kompetenz in deren Beherrschung angeeignet.
ÜberdieWeihnachtsferienverfaßte ichalso eineArbeitmitmeinerLösungderSiekmann-
schen Problemstellung, die im darauffolgendenMonat als Institutsbericht erschien und
gleichzeitig vonmir bei der damaligen internationalen Spitzenzeitschrift109 zurVeröffent-
lichung eingereicht wurde, in der sie mit der üblichen Verzögerung dann im Jahre 1981
erschien.110Mirwar dabei derDurchbruch zum internationalen Spitzenniveau gelungen.
Auchwennerdasnatürlichnieoffenzugebenwollte,warSiekmannregelrechtschockiert,
wie ich aus seinen gelegentlichen Bemerkungen immer wieder entnehmen konnte. Über
Monate hatten er und seine Leute an diesemProblemgearbeitet und in denProceedings
der AISB/GI-Konferenz 1978 auch eine (sogar falsche) Teillösung veröffentlicht und der
Bibel findet die Lösungüber einWochenende!Er versuchtemeinenErfolg zwar damit zu
schmälern, daß er immerwieder darauf hinwies, daßnachmeinerLösung immernoch ein
weiteresProblemungelöstblieb.111 ImStillenwarer jedochwohl tiefbeeindruckt, zogdar-
aus aber nicht dieKonsequenz, daßmeinAnsatz, auf demdieser Erfolg ja beruhte, doch
der langfristig erfolgreichere wäre und also auch von ihm und seiner Gruppe übernom-
menwerden sollte. Vielmehr blieb er auchweiterhin bei demvonKowalski stammenden
Ansatz, den er zwar unter den deutschen Geldgebern exzellent vermarktete, dem aber
aus heutiger Sicht letztlich der nachhaltige Erfolg verwehrt blieb, währendmeinAnsatz
Jahrzehnte ein Schattendasein führenmußte, bis heute international aberweiter verfolgt
wird.112
Ich erinnere daran, daß meine Habilarbeit aus zwei zusammenhängenden Teilen be-
stand, die sich imweiterenVerlauf zu zwei SchwerpunktenmeinerwissenschaftlichenAr-
beiten entwickelten. Auf dem einen dieser Schwerpunkte, nämlich den Beweisverfahren,
war ich aufgrundmeiner zahlreichenVeröffentlichungen dazu 1979 auf einemHöhepunkt
108Später, in den achtziger Jahren bevorzugte ich dann TheEconomist .
109Auch die Zeitschrift will zu einer gegebenen wissenschaftlichen Arbeit richtig ausgewählt sein und
überdies wächst das Ansehen einesWissenschaftlers durch eine breitere Streuung der Arbeiten auf ver-
schiedene angesehene Zeitschriften, was ich zu jenem Zeitpunkt inzwischen ebenfalls verstanden und
praktiziert hatte.
110WolfgangBibel, Onmatriceswith connections, JournalACM28, 633 645, 1981.
111Bei diesemhandelte es sich umdie sogenannte starkeVollständigkeit derKonnektionengraphresolu-
tion.
112MeinAnsatz firmiert unter demBegriff derKonnektionsmethode, wie schon imKontext der Habil-
arbeit erwähnt.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427