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366 KAPITEL4. FORSCHERLEBEN
drückend.Das Jahr 1983 solltemir endlich eine echteAufhellungmeiner Situation,wenn
auchnochnicht den glücklichenAusgang bringen.DieseAufhellung ist einerKombina-
tion von vor allemdrei entscheidendenVeränderungen zu verdanken, diemit denNamen
ESPRIT,Wild und Jessen verknüpft sind.
Infolgemeiner durchECCAI undFGCSweltweit sichtbar gewordenen führendenRol-
le inmeinemFachgebiet wurde ich ein überall gefragter wissenschaftlicher Fachexperte.
Als solcherwirkte ich auchbei derKonzipierungdes EuropeanStrategicProgramme for
Research in InformationTechnologies (ESPRIT) bei derKommission inBrüsselmit.156
Hierdurch ergaben sichweitereKontaktemit europäischenKollegen ebensowiemitVer-
tretern aus der Industrie. So wurde ich dazu eingeladen, an zwei großen Projektenmit-
zuwirken, derenFörderung unterESPRITbeantragtwerden sollte. BeideAnträgewaren
schließlicherfolgreichunderbrachten fürunserenTUM-Anteil über zweiMillionenDMan
Förderung für dieBezahlung von sechswissenschaftlichenMitarbeitern und einer halben
Sekretariatsstelle sowie für eine komfortableRechnerausstattung.157
1981wurdeder bisherigePräsident derTUMemeritiert undHerrProf.WolfgangWild
trat an seine Stelle. Er hatte sich offenbar zumZiel gesetzt, das für diewissenschaftliche
Exzellenz schädliche System Bauer bei den weiter anstehenden Berufungen auf neu
bewilligte Informatiklehrstühle zu durchbrechen und auf unabhängigenWissenschaftlern
mit einerhervorragendenVita zubestehen.Sowurde zum1.8.1983 erstmals einProfessor
nachMünchen berufen, der von Bauer völlig unabhängig war, nämlich Herr Prof. Eike
Jessen, einer der integersten und organisatorisch fähigsten Persönlichkeiten, die mir in
meinemLeben begegnet sind, und zudem ein engagierterWissenschaftler. Erwar vorher
Professor inHamburg,wohinermichschonzueinemVortrageingeladenhatte,dannauch
kurze Zeit alsGast an derHochschule derBundeswehr inMünchen, sodaß er bei seinem
156Genauer war ich zu einer Reihe von Sitzungen des Scientific Board ESPRIT in den Jahren 1982
und folgendeeingeladenundnahmauchregelmäßigdaranteil (beispielsweiseam9./10.9.1982, 14.10.1982
etc.).
157Es handelte sich zum einen um das Projekt Nr. 107, A logic oriented approach to knowledge and
data bases supporting natural user interaction (LOKI), eines der allerersten ESPRIT-Projekte über-
haupt, und zum anderen um das Projekt Nr. 415, Parallel architectures and languages for Advanced
InformationProcessing AVLSI approach .
Um eine Vorstellung davon zu vermitteln, welche Arbeitsbelastung diese europäischen Aktivitäten mit
sich brachten, sei erwähnt, daß ich allein imJahr 1983 fünfzehnReisen unternehmenmußte, größtenteils
Flugreisen, derenOrganisation ohne jegliche sekretarielle Hilfe ausschließlich inmeinen eigenenHänden
lag. Dabei war jede der Reisenmit einem odermehreren Vorträgen oder sonstigen Präsentationen ver-
bunden. Später steigerte sich die für 1983 genannte Zahl noch weiter auf beispielsweise insgesamt 23
Vortragsreisen allein imJahre 1985.
Einige der Reisen boten durchaus auch sehr angenehme Aspekte. Darunter waren vor allem Projekt-
treffen von LOKI, in dem Partner aus Kreta beteiligt waren, weshalb wir mindestens zweimal in dem
wunderbarenAmbiente kretischer Landschaft tagen durften (s. FAWB6, S.35 hinten).
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427