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Kunst und Kultur
Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Bilder „verheizt“ (TBW 1, 35 u.  139)  – auf fatale Weise mit der Option des Suizids verknĂŒpft; die selbstkritische, ja selbstquĂ€lerische Korrektur rĂŒckt dem Korrigie- renden schließlich buchstĂ€blich zu Leibe. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 110  Jahre vor der Publikation von Korrektur, am 18.  August 1865, teilte Adalbert Stifter seinem Verleger Gustav Heckenast mit, er sei sich bewusst, dass „stetes Verbessern“ des Manuskripts auf das Erscheinen des Witiko Ă€ußerst ungĂŒnstige Auswirkungen habe; trotz seiner gegenwĂ€rtigen „Verzweiflungsstimmung“ ĂŒber den Zustand des Textes mĂŒsse demnach bald „ein Abschluß gemacht werden“.116 Er trage zwar, wie er Heckenast schreibt, nach wie vor „das glĂŒhende Verlangen“ in sich, „durch weitere Feile und durch weiteres Austragen im GemĂŒthe“ die „Hoheit des Inhaltes und der Gestaltung“ zu verbessern, sei sich aber bewusst, dass er die Abgabe der nĂ€chsten Tranche der historischen „ErzĂ€hlung“ 117 nicht mehr weiter hinauszögern dĂŒrfe: „In einer Woche ungefĂ€hr wird die Hand- schrift an dich abgehen.“ 118 Stifters Briefe, die in den folgenden Wochen meist gesundheitliche, aber auch konzeptionelle GrĂŒnde fĂŒr ausbleibende Postsendun- gen, d. h. erneute Verschiebungen des Abgabedatums anfĂŒhren, Ă€hneln jenen Bernhards zwar nicht im Ton  – „Ich bin in der lezten Durchsicht, und brauche noch 10  Tage. Diese Tage warte doch noch in GĂŒte und Liebe“ 119  –, aber doch in den Argumenten, die fĂŒr die Verzögerung genannt werden: Hier wie dort hat der Text noch nicht eine den Autor zufriedenstellende Form erreicht. Einen Teil des Manuskripts zum zweiten Band des Witiko habe er, so Stifter im Januar 1866, „ganz neu gemacht“, weil ihm die ursprĂŒngliche Fassung „völlig farblos und wesenlos vor[gekommen]“ sei;120 wenig spĂ€ter kĂŒndigt er Heckenast die Zusen- dung der nĂ€chsten BlĂ€tter mit folgender Bemerkung an: „Die Sache ist ganz neu 116 Adalbert Stifter an Gustav Heckenast, 18. 8. 1865. In: Adalbert Stifter: SĂ€mmtliche Werke. Bd.  21: Briefwechsel 5. Mit Benutzung der Vorarbeiten v. Adalbert Horcicka hg. v. Gustav Wilhelm. Reichenberg: Kraus 1928, S.  16 f. 117 Wie Peter Handke verweigerte auch Adalbert Stifter seinen umfangreichsten Prosaarbeiten, Der Nachsommer und Witiko, demonstrativ die Bezeichnung „Roman“ und wies sie stattdessen peritextuell als „ErzĂ€hlungen“ aus; vgl. etwa Peter Handke: Die morawische Nacht. ErzĂ€hlung. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2008. Dazu grundlegend Werner Michler: Teilnahme. Epos und Gattungsproblematik bei Peter Handke. In: Peter Handke. Poesie der RĂ€nder. Hg. v. Klaus Amann, Fabjan Hafner u. Karl Wagner. Wien u. a.: Böhlau 2006, S.  117 – 134. 118 Stifter an Heckenast, 18. 8. 1865. In: Stifter: SĂ€mmtliche Werke. Bd.  21 (Anm.  116), S.  18. 119 Stifter an Heckenast, 24. 9. 1865. In: ebd., S.  23 f. 120 Stifter an Heckenast, 22. 1. 1866. In: ebd., S.  135. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft 379 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Title
Strategen im Literaturkampf
Subtitle
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Author
Harald Gschwandtner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Size
15.7 x 23.9 cm
Pages
482
Keywords
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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