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Kunst und Kultur
Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Zwar mĂŒsse er, so Handke, „der Gerechtigkeit halber sagen“, dass er „im Laufe der 25  Jahre, die ich seine Rezensionen lese, doch zwei, drei vor Augen bekom- men habe, die ein Geheimnis von dem Buch mitteilen“, vor dem Hintergrund ihrer gemeinsamen Konfliktgeschichte jedoch werde er ihm „nie  [
] auch nur das Kleinste verzeihen können“: „Es ist ja so: In der ‚FAZ‘ wurde ein Jahrzehnt lang jedes einzelne meiner BĂŒcher zerfleddert wie von Strauchdieben. Und er war der Oberstrauchdieb.“ 334 Reich-Ranicki habe in den 1980er Jahren als Lite- raturchef der FAZ auf andere Kritiker eingewirkt, d. h. Verrisse gezielt in Auftrag gegeben. Handkes Bemerkungen sind ein Beispiel dafĂŒr, dass Schriftsteller kri- tische Rezensionen oft „nicht nur dem Individuum des Rezensenten“ zuschrei- ben, „sondern auch der Institution des Rezensionsorgans“.335 Handke sah die Rezensionspolitik der FAZ, deren Literaturteil Reich-Ranicki bis 1988 dirigierte, zuallererst als abgekartetes Spiel. „ErzĂ€hlen heißt auch Spurenverwischen; die Hunde finden deine FĂ€hrte nicht mehr“ 336  – Handkes im Januar 1983 notierte Hoffnung, man werde sich kĂŒnftig nicht mehr ĂŒber den Weg laufen, hatte sich jedenfalls nicht erfĂŒllt. Noch Mitte der 1990er Jahre belauerten sich die beiden Kontrahenten gegenseitig und ließen kaum eine Gelegenheit aus, ihr Missfallen ĂŒber das Tun und Schreiben des jeweils anderen zu bekunden. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) Im April 1997 folgte die letzte Besprechung eines Handke-Buches im Litera- rischen Quartett. Ein weiteres Mal klagte Reich-Ranicki darĂŒber, dass sich „zu [s]einem großen Leidwesen“ sowie „zur Schande der deutschen Kritik“ in zahlreichen Rezensionen eine unbotmĂ€ĂŸige „Faszination“ fĂŒr Handkes BĂŒcher offenbare. Diese unkritischen Lobeshymnen zeichneten sich, wie im Fall des aktuellen Romans In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus, durch „ehrerbietige Inhaltsangaben“ aus und seien nicht imstande, kritische Distanz 334 Ebd. Zu Handkes langdauernder Kontroverse mit der FAZ vgl. Thomas Anz: Literaturkritisches Argumentationsverhalten. AnsĂ€tze zu einer Analyse am Beispiel des Streits um Peter Handke und Botho Strauß. In: Literaturkritik  – Anspruch und Wirklichkeit (Anm.  26), S.  415 – 430, hier S.  417, sowie Kap.  III, Abschnitt „Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik“. 335 Carlos Spoerhase: Ausweitung der literarischen Kampfzone: Was die Geschichte der aufklĂ€re- rischen Rezensionskultur die aktuelle Reflexion ĂŒber Literaturkritik lehren könnte. In: Zeit- schrift fĂŒr Germanistik. N. F.  19 (2009), H.  1, S.  171 – 178, hier S.  175. 336 Handke: Am Felsfenster morgens (Anm.  223), S.  23. „Mein Feind in Deutschland“: Peter Handke vs. Marcel Reich-Ranicki212 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Title
Strategen im Literaturkampf
Subtitle
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Author
Harald Gschwandtner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Size
15.7 x 23.9 cm
Pages
482
Keywords
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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