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Kunst und Kultur
Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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um die Sache der Literatur, um die Verteidigung poetischer Verfahren gegen einen unverstĂ€ndigen oder missliebigen Kritiker; vielmehr verweisen Beispiele wie diese auf die Bereitschaft zur sprachlichen Eskalation, die in öffentlichen Debatten allenthalben und zum Schaden aller Beteiligten anzutreffen ist. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ Anhand des Essays Marcel Reich-Ranicki und die NatĂŒrlichkeit lĂ€sst sich zei- gen, dass Handkes Polemiken gegen die gĂ€ngige Praxis der Literaturkritik nicht bloß als ZurĂŒckweisung ablehnender, weil Ă€sthetisch ‚unsensibler‘ Urteile ĂŒber seine BĂŒcher zu verstehen sind. Sie haben darĂŒber hinaus eine wichtige Funk- tion sowohl fĂŒr die poetologische Selbstreflexion als auch  – mit GĂ©rard Genette gesprochen  – fĂŒr die Sicherstellung einer „relevanteren LektĂŒre“ 31 seiner eigenen Texte. Handkes Einspruch gegen bestimmte Verfahren der Kritik und seine For- derungen an eine neue, der zeitgenössischen Literatur adĂ€quate Beschreibung von avancierten Texten sind stets mit seinen Überlegungen zur Ästhetik des literarischen Schreibens selbst, zumal des eigenen Schreibens, verknĂŒpft. Aus dieser Warte erhalten Handkes EinwĂ€nde gegen Reich-Ranicki als Person, als „unwichtigste[n], am wenigsten anregende[n], dabei am meisten selbstgerechte[n] deutsche[n] Literaturkritiker seit langem“,32 erst im Verbund mit den parallel dazu formulierten EinwĂ€nden gegen die von Reich-Ranicki propagierte literarische Ästhetik und deren Akteure ihre volle polemische Sprengkraft.33 Es liegt nahe, Handkes pointierte Besprechung von Reich-Ranickis Litera- tur der kleinen Schritte in den manuskripten nicht zuletzt als FortfĂŒhrung und Zuspitzung frĂŒherer essayistischer Positionen zu beschreiben.34 Zentrale Aspekte mehr schrieb, haben sich ‚FAZ‘-Leute dazu hergegeben, in seinen Diensten meine BĂŒcher anzu- faulen. Nie werde ich ihm auch nur das Kleinste verzeihen können.“ (Sven Michaelsen: „Ab und zu sticht mich ein Teufelchen“. [GesprĂ€ch mit Peter Handke.] In: stern, Nr.  52, 22. 12. 1994, S.  124 – 130, hier S.  126) 31 GĂ©rard Genette: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Mit einem Vorwort v. Harald Weinrich. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2001, S.  10. 32 Handke: Marcel Reich-Ranicki und die NatĂŒrlichkeit (Anm.  2), S.  206. 33 Vgl. dazu grundlegend Lorenz: Die Öffentlichkeit der Literatur (Anm.  25), S.  194 – 197. 34 Vor allem in Zur Tagung der Gruppe 47 in USA (1966) und Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms (1967), aber auch in den Rundfunkessays fĂŒr die Sendung „BĂŒcherecke“ des Landesstudios Steiermark aus den Jahren 1964 bis 1966. Karl Wagner: Handkes Arbeit am 19.  Jahrhundert: Roman- und Realismuskritik. In: Die Dinge und die Zeichen. Dimensionen des Realistischen in der ErzĂ€hlliteratur des 19.  Jahrhunderts. Hg. v. Sabine Schneider u. Barbara Hunfeld. WĂŒrz- burg: Königshausen & Neumann 2008, S.  403 – 412, hier S.  408, hat Marcel Reich-Ranicki und die NatĂŒrlichkeit als „nachgereichte[  ] Polemik“ zu Handkes in Princeton lancierten Argu- menten bezeichnet. „Mein Feind in Deutschland“: Peter Handke vs. Marcel Reich-Ranicki150 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Title
Strategen im Literaturkampf
Subtitle
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Author
Harald Gschwandtner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Size
15.7 x 23.9 cm
Pages
482
Keywords
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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