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Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen | 67
Karlsruher Atlas überhaupt keine derartigen Erläuterungen aufweist. Die dabei in An-
wendung gebrachte Schrift zeigte im Cod. 8607 Han sehr viel mehr den Charakter ei-
ner Buchschrift, ähnelt zum Teil beinahe einem Druck. Verschiedene Schriftformen –
eine kursive und eine fast als Auszeichnungsschrift zu qualifizierende – finden auch
bei der einzigen in italienischer Sprache gehaltenen Bemerkung im Blatt Veszprém
und bei den deutsch dargebotenen Hinweisen auf ebendiesem Blatt Anwendung. Die
Veszprém-Darstellungen der übrigen »Angielini«-Atlanten bieten dagegen keinen ein-
zigen Texthinweis. Der Grundriss von Nové Zámky enthält im Cod. 8607 Han nicht
nur den Hinweis auf einen von Franz von Poppendorf stammenden Entwurf, sondern
auch die Angabe, dass die ältere Anlage noch existiere
– beides in der schon mehrfach
beobachteten Buchschrift gehalten. Im Fall dieser Festung macht nicht zuletzt die
irrtümliche Namensform »vywar« klar, dass hier der Fehler eines Kopisten vorliegen
muss. Auf einen von Poppendorf stammenden Entwurf wird auch in den Blättern zu
Eger, Ónod und Szendrő in Buchschrift aufmerksam gemacht.210
Insgesamt sind im Atlas nur zwei Papierarten/Wasserzeichen nachzuweisen.
Beide kommen in keinem der anderen vier Atlanten vor und weisen auf eine Ent-
stehung nicht vor dem späten 16. Jahrhundert.211 Zugleich spricht dies – im Ver-
gleich mit den Interdependenzen zwischen den für Wien Cod. 8609 Han, Karlsruhe
und Dresden Nr. 11 verwendeten Papiersorten212 und bei aller gebotenen Vorsicht –
ebenfalls für eine einheitliche Anlage durch ein und denselben Zeichner, Kopisten,
Maler oder Kartografen. Die auffällige grafische Eigenständigkeit der Überlieferung
deutet darauf hin, dass es sich bei diesem Mann wohl kaum um einen der drei An-
gielinis handelte. Sie könnte durchaus erst nach deren Ableben, also nach 1577, dem
letzten Lebenszeugnis des Nicolò Angielini, entstanden sein. An Vorlagen müssen
ihm in jedem Fall der Karlsruher Atlas und der Wiener Cod. 8609 Han zugänglich
gewesen sein. Sollten die für einige Ortsnamen zu konstatierenden Parallelen zu
Dresden Nr. 11 so zu verstehen sein, dass dem Kopisten auch noch dieser Atlas
vorlag, so ergäbe sich nach der erstmaligen Nennung der Dresdner Atlanten in der
dortigen Kunstkammer zum Jahr 1587 sogar noch ein weiterer Terminus ante quem.
Die enthaltene, eindeutig auf eine Arbeit des Nicolò Angielini zurückgehende An-
sicht von Veszprém (Cod. 8607 Han, fol. 46r) könnte vielleicht darauf hindeuten,
dass der Kopist Zugang zu
– außerhalb der Sammlungen vorhandenen
– Autografen
dieses Mannes hatte.
210 Siehe dazu unten Anhang 9.1, S.
359 Nr. 8 (Eger), S. 400 Nr. 27 (Nové Zámky), S.
403 Nr. 28 (Ónod)
und S. 434 Nr. 40 (Szendrő), S. 447 Nr. 46 (Veszprém) und S. 450 Nr. 48 (Zagreb – Kaptol).
211 Siehe oben S.
57.
– Dass Papier dieser Art auch im Wiener Cod. 8609 Han begegnet, resultiert aus der
späteren Neu- bzw. Erstbindung der beiden Wiener Überlieferungen, siehe dazu oben S. 62 f.
212 Siehe dazu oben S. 55 f. und 57 f.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499