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oben, ist nachträglich eine Kartusche mit einer Widmung an Kurfürst August von
Sachsen aufgeklebt worden. Die übrigen Teile des Atlasses sind den aus den anderen
»Angielini«-Atlanten bekannten befestigten Städten und Plätzen gewidmet, wobei
zunächst die Trias aus Laibach, Graz und Wien aufgenommen ist. Insgesamt enthält
Dresden Nr. 11 50 Grundrisse und Ansichten von 48 Städten und Festungen.238
Hans Brichzin, der sich mit den in Dresden verwahrten »Angielini«-Atlanten ein-
gehend auseinandergesetzt hat, wollte Dresden Nr. 11, in Sonderheit die darin ent-
haltene Ungarn-Karte, vor das Jahr 1566 datieren. In einem Brief des Kurfürsten
August von Sachsen vom 17. August 1566 an den sächsischen Adeligen Christoph
von Carlowitz (1507–1578) wird nämlich erwähnt, dass der sächsische Kurfürst vom
Adressaten zuvor zwei Ung(e)rische Mappen geschickt bekommen habe.239 Gegen diese
Auffassung hat sich Zsolt Török im Jahr 2004 gewendet und dabei zum einen auf
Inkonsistenzen zwischen den Aussagen des Briefes und dem Inhalt der Karte hinge-
wiesen, zum anderen vor allem wegen der Darstellung von Satu Mare als fünfecki-
ger Festung – in dieser Form wurde sie 1569‒1573 erbaut – eine Datierung in die
1570er Jahre mit Dokumentation des Bauzustandes um 1570 präferiert.240 Der gera-
dezu verführerischen These Brichzins steht auch Géza Pálffy wegen der Schwierigkeit,
die Nennung im genannten Schreiben absolut eindeutig auf das Angielinische Opus
zu beziehen, skeptisch gegenüber. Bezieht man nämlich die hier zitierte Erwähnung
zweier ungarischer Karten auf die in der Dresdner Überlieferung enthaltene Land-
karte, so ist Pálffys Argumenten sicher zuzustimmen.241 Angesichts der erst kürzlich
238 Eger und Satu Mare sind mit je zwei Darstellungen vertreten. Auf die Gesamtzahl von 50 im Gesamt-
werk enthaltenen befestigten Plätzen fehlen hier Darstellungen von Hrastelnica und Krásna Hôrka.
239 Brichzin, Ungarnkarte, in : Cartographia Hungarica 2 (1992), 39 f. – Der ungarische Kartografiehis-
toriker Zsolt Török hat die Meinung von Brichzin aufgrund von Analogien zu einer auf Glas gemalten,
Maximilian II. gewidmeten Miniatur zuletzt gestützt, doch liegen seine Ausführungen
– Looking glass.
Cartographic and Artistic Reflections of an Unknown map of the Habsburg-Ottoman Frontier (1566),
in : Maps, Myths and Narratives, 23rd International Conference on the History of Cartography 2009 ;
Dept. of Maps, Prints and Photographs, The Royal Library, Copenhagen, Denmark, Abstracts, 71 –,
die er 2009 auf der International Conference on the History of Cartography in Kopenhagen gemacht
hat, noch nicht in publizierter Form vor, sondern sind nur knapp auf : http://www.explokart.eu/ichc/
kobenhavn/programme.pdf (25.7.2015) zusammengefasst. – Ebenso bislang nicht im Druck erschie-
nen ist ein weiterer einschlägiger Vortrag von Török, den er auf der 26th International Cartographic
Conference in Dresden 2009 gehalten hat, siehe dazu vorläufig : Török, Visualizing in historical con-
text. – Im Kontext unseres Buches findet sich nun eine eigene Analyse dieser im Kunsthistorischen
Museum (Wien) überlieferten Hinterglasmalerei, siehe dazu oben S.
32 f. sowie Anhang 9.1, S.
340 Nr.
6.1.
240 Török, Angielini Magyarország-térképe, 7‒9 (deutsche Übersetzung !). – Zu einer eingehenderen
Analyse der Darstellungen von Satu Mare siehe unten Anhang 9.1, S. 416 Nr. 35.
241 Pálffy, Anfänge, 65. – Angesichts der Überlieferung einer zu 1566 datierten Karte des Bereichs
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book Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini"
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499