Page - 90 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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90 | Ferdinand Opll
unter osmanischer (rot-violett) bzw. unter kaiserlicher Oberhoheit (grün) stehenden Ter-
ritorien. Solche durch Kolorierung präzisierten Angaben über die jeweiligen politischen
bzw. herrschaftlichen Verhältnisse finden sich – mit Ausnahme der den Bereich der zur
Gänze den Habsburgern unterstehenden Schüttinsel betreffenden Karten in den bei-
den Wiener Überlieferungen und im Karlsruher Atlas – auf sämtlichen chorografischen
Karten in den Atlanten in Wien, Karlsruhe und Dresden, darüber hinaus auch auf der
in Form eines Hinterglasgemäldes überlieferten Karte ebendieses Raumes von 1566 im
Kunsthistorischen Museum in Wien. Dabei lassen sich im Vergleich durchaus unter-
schiedliche Grenzverläufe ausmachen, die bei eingehenderer Einbeziehung der lokalen
Geschehnisse – was hier nicht zu leisten ist – vielleicht Hinweise auf die zeitliche Ein-
ordnung der einzelnen Kartenwerke bieten könnten. So ist etwa die dezidiert auf 1566
datierte Karte der gesamten habsburgisch-osmanischen Grenzgebiete, die mit großer
Gewissheit auf ein Werk des Nicolò Angielini zurückgeht, ein markanter Spiegel der
herrschaftlichen Gegebenheiten exakt in diesem Jahr, und zwar in dessen erster Hälfte.9
Auf dieser Darstellung sind die Osmanen im Raum südlich der Una ziemlich weit nach
Westen vorgedrungen, weiter nördlich, im Raum zwischen Sava und Drau/Drava schiebt
sich ebenso ein osmanischer Keil bis in das Vorfeld von Sisak und nahe an »s.
georgen«
(Đurđevac) heran. Der Raum von Siget/Szigetvár dagegen ist noch in christlichen Hän-
den, was für die zeitliche Einordnung des Dokuments in die Monate vor dem Fall dieser
Festung zu Anfang September 1566 eine entscheidende Rolle spielt. Vom Plattensee/Ba-
laton weiter nach Norden zu erstreckt sich von dessen westlichem Ende angefangen eine
gegenüber den späteren Gegebenheiten gleichfalls weit nach Westen reichende Zone
unter osmanischer Herrschaft ; Várpalota und Tata, das tatsächlich 1566 wieder zurück-
erobert werden konnte,10 sind als »osmanisch« ausgewiesen. Nördlich der Donau außer-
halb des Raumes der Bergstädte liegt »leva« (Levice) in einem jedenfalls umstrittenen
Territorium, doch reichen die osmanisch beherrschten Zonen kaum weiter nördlich als
bis zu diesem Raum. Die verschiedenen Karten unserer »Angielini«-Atlanten zeigen da-
gegen doch ein in vieler Hinsicht deutlich verändertes, den einige Jahre danach gültigen
Herrschaftsverhältnissen entsprechendes Bild : So ähnelt etwa im kroatischen Bereich
im Südwesten der Una die Situation im Raum von Otočac und Lička Jesenica auf der
Wiener Karte von Kroatien und Slawonien11 durchaus denen auf der auf Glas gemalten
Karte von 1566, zeigt die beiden genannten Orte als »osmanisch« an, während auf der
Kroatien- und Slawonien-Karte im Karlsruher Atlas12 die christlich beherrschten Zonen
9 Unten Anhang 9.1, S. 340 Nr. 6.1.
10 Zu den beiden Orten siehe unten Anhang 9.1, S. 437 Nr. 41 und S. 443 Nr. 44.
11 Unten Anhang 9.1, S. 327 Nr. 2.1.
12 Unten Anhang 9.1, S. 337 Nr. 4.5.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499