Page - 262 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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262 | Heike Krause
und Dresdner Variante in Schraffur dargestellt. Die Elendbastei erscheint in ähnli-
cher Art und Weise wie die Bastei beim Schottentor. Sie weist ebenso offene Flan-
kenhöfe auf, wobei diese
– wie üblich
– von einer niedrigeren Mauer zum Graben hin
abgeschlossen waren. Im Wiener Exemplar ist diese Mauer des nördlichen Flanken-
hofs mit zwei Stückscharten versehen. Die Bastei weist das typische umlaufende Ge-
sims auf. Zwei annähernd gleich große rechteckige Öffnungen (Licht-/Luftschächte)
auf der Bastei sind nur im Wiener und im Karlsruher Exemplar vorhanden. Beide
oder nur eine Öffnung auf der Bastei sind auch auf späteren Plänen anzutreffen.125
Da die Pläne von Hirschvogel und Wolmuet aus dem Jahr 1547 (unten nach S. 312
Tafeln 7 und 8) lediglich eine projektierte Bastion in der Perspektivansicht bieten,
weitere zeitgenössische Pläne nur Umrisslinien zeigen und der Plan von Domenico
Zenoi (unten nach S. 312 Tafel 10) sehr schematisch und wenig realistisch erscheint,
sind die »Angielini«-Pläne von Wien die ältesten, die dieses Bauwerk plastisch aus
der Vogelschau wiedergeben. Die Ansicht der Stadt Wien, die sich unter den um 1565
entstandenen Fresken im Arkadenhof des Palazzo Vecchio in Florenz findet, dürfte
aufgrund augenfälliger Ähnlichkeiten – wie auch jene im Palazzo Lantieri in Gori-
zia/Görz126 – auf eine Vorlage zurückgehen : entweder auf Hirschvogels Ansicht der
Stadt von Norden von 1547 oder eine auf dieser fußende Arbeit. Da das Florentiner
Fresko beschädigt war, wurde es 1934 restauriert, wobei es offensichtlich zu Verän-
derungen bzw. Weglassen von Details kam, sodass eine eindeutige Beurteilung nicht
möglich ist. Richard Karl Donin meinte, am rechten Bildrand die 1561 fertiggestellte
Elendbastei auszumachen, die er somit als deren älteste Ansicht bewertete. Zu se-
hen ist zudem noch die sogenannte Katze innerhalb der Stadtbefestigung hinter der
Elendbastei, wie sie auch Hirschvogel zeigt. Die Neutorbastei und das Arsenal sind
nicht zu erkennen. Die Frage, ob der aktuelle Stand des Befestigungsbaus tatsächlich
zumindest teilweise berücksichtigt wurde, bleibt mangels einer verfügbaren Ansicht
in ausreichender Qualität unbeantwortet.127
In den Jahren 2005/06 und 2008 konnten im Vorfeld von Baumaßnahmen massive
Überreste der Elendbastei freigelegt und dokumentiert werden, die sich in etwa im
Bereich von Schottenring, Hohenstaufengasse, Helferstorferstraße und Wipplinger-
125 Zum Beispiel im Steinhausen-Plan von 1710 mit zwei Lichtschächten, im Walter-Plan von ca. 1750
(unten Anhang 9.7, S. 492 Nrr. 26‒27) mit einer rechteckigen Öffnung sowie dem auch archäologisch
nachgewiesenen Brunnen von kreisrundem Grundriss.
126 Siehe unten Anhang 9.7, S. 485 f. Nrr. 7 und 12.
127 Leider steht keine gute Abbildung zur Verfügung, siehe dazu unten Anhang 9.7, S. 486 Nr. 12. Zur
Elendbastei siehe Donin, Zur Kunstgeschichte Österreichs, 373 f.; Lindner/Schulz, Hochzeit, 171
und 174. Bis 1993 wurden wiederum Restaurierungen an drei Ansichten, darunter auch an jener von
Wien, vorgenommen.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499